Starkes Europa: Neubau der EU-Kommission
Die EU-Kommission will ihren Sitz in Brüssel neu bauen. Nun hat ein Konsortium mit spanischen, deutschen und – pikanterweise – britischen Architekten die Ausschreibung gewonnen. Geplant ist, dass die Kommission 2035 die neuen Gebäude bezieht.
Eine Stadt in der Stadt: So kommt dem Besucher der alte Sitz der EU-Kommission in Brüssel vor. Mehr als 5.250 Menschen steuern von der Rue de la Loi 130 mitten im Herzen der Stadt aus die Geschicke der Union. Doch die Gebäude sind in die Jahre gekommen.
Schon vor mehr als zehn Jahren verabschiedete die Region Brüssel-Hauptstadt daher einen Masterplan, der dem Europaviertel neuen Schwung verleihen soll. Der Neubau der EU-Kommission zwischen der Rue de la Loi, der Chaussée d'Etterbeek, der Rue Joseph II und der Rue de Spa sind Teil dieses Plans.
Gigantischer Neubau der EU-Kommission
28 Architekturbüros aus aller Welt hatten sich in einer ersten Phase um das Projekt beworben – darunter Zaha Hadid Architects, OMA, Mecanoo, MVRDV, Snøhetta, 3XN und UNStudio. Mit seinen gigantischen Ausmaßen stellt das Vorhaben viele andere Projekte in den Schatten: Mit einer Gesamtfläche zwischen 175.000 und 190.000 Quadratmetern ist es das aktuell wichtigste Immobilienvorhaben der EU-Hauptstadt.
In der zweiten Runde blieben neun Bewerber übrig. Die elfköpfige Jury um EU-Kommissar Günther Oettinger vergab der ersten Preis schließlich an Rafael De La-Hoz Arquitectos (Madrid) mit Perkins & Will (London/Chicago), Latz+Partner Landschaftsarchitektur (Kranzberg), TYPSA Ingeniería (Madrid) und MC2 Estudio de Ingeniería, Madrid.
Mehrere Hochhäuser im Ensemble
Deren Entwurf sieht vor, dass mehrere Neubauten die bestehende Blockrandbebauung der Europäischen Kommission ersetzen. Eine Reihe von Hochhäusern bestimmt den Komplex: Zwei 16-Stöcker stehen neben mehreren niedrigeren Gebäuden. Dominiert wird das Ensemble aber von zwei Bürotürmen, die sich 42, beziehungsweise 30 Stockwerke in die Höhe ziehen. Ihr Baukörper wird im unteren Drittel durch eine versetze transparente Etage unterbrochen … als hätten die Türme Schluckauf.
Zwei Kindergärten, Restaurants, Geschäfte, Kultur- und Sporteinrichtungen sowie ein Infocenter ergänzen das Nutzungsangebot. Eine Reihe von Parks und öffentlich zugänglichen Grünanlagen sorgen dafür, dass sich das Ensemble nicht abschottet, sondern transparent und offen wirkt. Schließlich strömen jedes Jahr knapp 350.000 Menschen zur EU-Kommission.
Ein besonderer Fokus lag auf den Themen Sicherheit und Nachhaltigkeit. Und so sinken durch den Neubau dann auch die CO2-Emissionen im Vergleich zum Altbestand um die Hälfte. Die technischen Anlagen der Gebäude verbrauchen sogar 70 Prozent weniger Energie.
Beteiligung britischer Architekten nach dem Brexit
Interessante Fußnote: Mit Perkins & Will beteiligt sich ein britisches Architektenteam an dem EU-Projekt. Wie sich der Brexit auf diese Konstellation auswirkt, ist noch unklar. Architekten in Großbritannien befürchten nach einem unkontrollierten Austritt nicht mehr an europäischen Bauvorhaben teilnehmen zu können. Aus diesem Grund werden vermutlich viele Architekten, die aus EU-Mitgliedsstaaten kommen, Großbritannien verlassen.
Beim Neubau in Brüssel stehen noch viele Vorarbeiten aus: Der Architektur-Wettbewerb ist nur der Startschuss für Vertragsverhandlungen, Baubewilligungen und die Detailplanung. Im jetzigen Stadium sei es schwierig, die genauen Kosten zu beziffern, schreibt die EU-Kommission.
Auf jeden Fall soll es billiger sein, neu zu bauen, als bestehende Gebäude zu renovieren oder andere Büroflächen im Europaviertel anzumieten. 2025 soll die erste Bauphase starten. Nach Vorstellung der Bauherren soll die EU-Kommission den Komplex bis 2035 beziehen.