
Collage Kunst der Superlative: Lola Dupre denkt groß, größer, am größten
Ihre Werke sind Explosionen der Wahrnehmung. Mit Schere, Kleber und endloser Geduld schafft Lola Dupre Collage Kunst, die irritiert, fasziniert und den menschlichen Größenwahn durch den Kakao zieht.
Man glaubt beim ersten Blick an digitale Bildmanipulation. Wer sich die Arbeiten von Lola Dupre anschaut, geht davon aus, dass sie mit Photoshop, künstlicher Intelligenz oder einem surrealistischen Algorithmus entstanden sind. Doch ihre Kunst braucht keine Software. Lola Dupre schneidet, klebt, arrangiert. Das Ergebnis: Fragmente, die sich zu grotesken und komisch-verzerrten Figuren zusammensetzen. Das ist Collage Kunst in Perfektion.
Ein Stil zwischen Dada und Digitalkunst
Die zeitgenössische Kunst kennt viele digitale Effekte. Doch Dupres Werk ist ein Gegenentwurf dazu – analog, präzise, körperlich. Sie zerschneidet Fotos in Hunderte Teile und setzt sie neu zusammen. Dabei entstehen Gesichter mit mehrfachen Augen, Körper mit gedehnten Gliedmaßen, Tiere mit kaleidoskopischer Anmutung. Es ist ein Spiel mit Verzerrung und Wahrnehmung – irgendwo zwischen Surrealismus, Karikatur und Dadaismus.

Ein besonders eindrucksvolles Beispiel: Ihre Porträts von Tieren, bei denen Augen oder Schnauzen in Wellenformen multipliziert werden. So wird aus einem Foto eine visuelle Schleife – vertraut und fremd zugleich.
Wie alles begann: Papier, Isolation, Obsession
Lola Dupre, die 1982 geboren wurde, wuchs in Aberdeen, Schottland auf und lebt heute in einem abgelegenen Atelier in den Highlands. Eine Ausbildung zur Künstlerin oder Illustratorin hat sie nicht abgeschlossen – sondern sich alles, was ihre Arbeit heute kennzeichnet, selbst beigebracht. Schon früh faszinierte sie die manuelle Technik der Collage. Was als Experiment mit Zeitschriftenbildern begann, wurde zur Obsession. Sie perfektionierte ihre Technik, entwickelte eine eigene Bildsprache – reduziert auf zwei Werkzeuge: Papier und Schere.

Es ist diese puristische Haltung, die ihre Arbeiten von anderen in der Papierkunst unterscheidet. Keine Filter, kein Computer – nur Präzision, ein enormer Blick für Form und viel Zeit. Wie aufwändig ihre Arbeit ist, verrät sie im Interview mit dem Magazin Photographize. Bis zu drei Monate kann es dauern, bis ein Werk fertiggestellt ist, sagt sie.
Dass sich diese Arbeit lohnt, beweisen ihre zahlreichen Aufträge. TIME Magazine, Penguin Books, Nike Basketball, The Atlantic – alle wollten sie. Für das Nike-Modell KYRIE 2 Effect entwarf Dupre ein Artwork, das bis heute Maßstäbe setzt. Für The Atlantic fertigte sie ein Porträt von John von Neumann, das in der Juni-Ausgabe 2017 erschien – ein herausragendes Netz aus Geometrie und Gesicht, das wie ein kaputter Spiegel zu zersplittern scheint.
Größenwahn im Zerrspiegel
Was Dupre auszeichnet, ist ihre Vielseitigkeit. Sie arbeitet mit Galerien, Designern, Musikern. Ihre Werke finden sich in internationalen Ausstellungen – von Hamburg bis Melbourne, von New York bis Tokio. Besonders eindrucksvoll: Ihre Ausstellung in der Affenfaust Galerie in Hamburg, bei der sie eine ganze Serie von Porträts zeigte – Menschen, Tiere, Mischwesen. Alles auf Papier. Alles verzerrt. Alles unverkennbar Lola Dupre.

Viele ihrer Werke entlarven zudem ein Motiv, das sich quer durch unsere Zeit zieht: den menschlichen Größenwahn. Überproportionierte Köpfe, verzerrte Posen, überzeichnete Statussymbole – bei Dupre wird die Hybris der Moderne zum visuellen Slapstick. Auch das menschliche Bestreben, immer größer und höher zu bauen, nimmt die Künstlerin aufs Korn, in dem sie gigantische Häuser mit unzähligen Stockwerken erzeugt.
Collage Kunst aus Handarbeit als Gegensatz zur KI Kunst
Es wäre leicht, ihre Arbeiten der digitalen Kunst zuzuordnen. Doch genau darin liegt die Ironie. Lola Dupre zeigt: Die stärksten Effekte entstehen nicht am Bildschirm, sondern am Schneidetisch. Ihre Methode ist extrem analog – aber ihre Wirkung hochmodern.

In einer Zeit, in der KI Kunst erzeugt, ist Papierkunst ein Statement. Dupres Arbeiten wirken wie Antithese zur glatten, generierten Ästhetik. Jeder Schnitt ist menschlich und jedes Bild ist ein Unikat. Lola Dupre ist deshalb mehr als ein Name der Szene. Ihre Werke hängen nicht nur in Galerien, sondern treiben auch Trends an. Sie zeigt: Große Kunst braucht keine Technik – nur Mut, Idee und die Bereitschaft, Dinge anders zu sehen.