
KI als Dolmetscher: Müssen wir bald keine Sprachen mehr lernen?
Kopfhörer rein, fremde Sprache verstehen – ganz ohne Vokabeln pauken? Dank KI Sprache ist das längst keine Zukunftsmusik mehr. Erste Geräte übersetzen bereits in Echtzeit. Müssen wir also bald keine Sprachen mehr lernen?
„Guten Tag.“ „Ich komme aus Deutschland.“ „Wie viel kostet eine Tasse Kaffee?“ Sätze wie diese kennen wir aus allen Reisebüchern, mit denen wir bisher durch ferne Länder gestreift sind. Doch statt mühsam die Lautschrift neben den Sätzen zu entziffern, können wir heute einfach unser Smartphone zücken und jeden beliebigen Satz in unsere Übersetzungs-App eingeben. Mithilfe von KI ist er in Sekundenschnelle übersetzt – mit Aussprachebeispiel.
Erste maschinelle Übersetzung in den 50er Jahren
Maschinelle Übersetzungen gibt es schon länger, als es uns angesichts der aktuellen rasanten Entwicklungen auf dem KI-Sektor erscheinen mag: So gelang es der Georgetown University in Washington D.C. schon 1954, mehr als sechzig Sätze maschinell aus dem Russischen ins Englische zu übersetzen. Die Qualität der Übersetzung war damals allerdings noch ziemlich dürftig. Viele Ausdrücke mussten nachträglich korrigiert werden. Erst seit den 2020ern haben maschinelle Übersetzungen ein wirklich nützliches Niveau erreicht. Inzwischen erleichtern sie auch uns Otto-Normal-Urlaubern manchen Plausch – ein deutlicher Fortschritt der KI Sprache.
Ein kurzer Überblick über die Innovationen, die uns im Zeitalter von KI beim Smalltalk dienlich sein können:
Übersetzungs-Apps fürs Smartphone: Preiswert und praktisch
Die günstigste Variante sind Übersetzungs-Apps. Viele sind kostenlos, mitunter gibt es auch preiswerte monatliche Abos. Die Qualität der Übersetzungen variiert jedoch stark. Mit DeepL, Microsoft und Google ist man in der Regel gut beraten.

Die Funktionsweise ist simpel: Man spricht einen Satz ins Smartphone, dieser erscheint als Text auf dem Bildschirm und wird dann binnen weniger Sekunden in die Fremdsprache übersetzt, die man zuvor ausgewählt hat. Hörbeispiel inklusive, damit auch die Aussprache sitzt – ein typisches Beispiel für den Einsatz von KI Sprache.
Für Restaurantbestellungen, Friseurbesuche oder den Smalltalk an der Hotelbar reichen solche Apps allemal. Übrigens: Manche können auch Schriftsprache übersetzen, beispielsweise Speisekarten. Teils muss man ein Foto vom Text machen, der übersetzt werden soll, teils reicht es aus, mit der Kamera über den Text zu fahren.
Echtzeit-Übersetzung per Ohrhörer: Nicht ganz Echtzeit – aber nah dran
Echtzeit-Übersetzer-Ohrhörer sind zweifelsohne das Next Level. Sie funktionieren ähnlich wie menschliche Simultandolmetscher, auch wenn sprachliche Nuancen nicht immer ganz akkurat rüberkommen. Zuerst nimmt das Mikrofon des Ohrhörers die gesprochene Sprache auf. Diese Audioaufnahme wird dann durch eine Spracherkennungssoftware in Text umgewandelt – ein klassisches Beispiel moderner KI Sprache.

Um mit Echtzeit-Übersetzer-Ohrhörern Gespräche führen zu können, brauchen beide Gesprächspartner ein Set. Kopfhörer hin und her zu tauschen, empfiehlt sich schon aus hygienischen Gründen weniger. Außerdem käme so der Gesprächsfluss doch sehr ins Stocken. Die Kosten belaufen sich auf rund 20 Euro bis mehrere 100 Euro.
Smart Glasses mit Live-Übersetzung: Noch in den Anfängen
Sonnenbrille auf und schon verstehst du jede Sprache – das versprechen Smart Glasses. Während das Gegenüber spricht, blendet die Brille die schriftliche Übersetzung wie die Untertitel eines Films ein. Das ist eine Anwendung von KI Sprache, die zwar praktisch ist, aber auch etwas irritierend wirken kann, denn Augenkontakt ist im Gespräch so kaum möglich.

Wen das nicht stört, für den ist diese Variante vielleicht die richtige. Zumal Smart Glasses in der Regel noch viele andere nützliche Funktionen haben: Videos streamen, Nachrichten verschicken, Infos über die Umgebung einblenden oder Navigieren – um nur ein paar zu nennen.
Ray-Ban Meta Smart Glasses
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Meta hat in Zusammenarbeit mit Ray-Ban smarte Brillen entwickelt, die seit April 2025 eine Live-Übersetzungsfunktion bieten. Mit dem Sprachbefehl „Hey Meta, start live translation“ können Gespräche in Echtzeit zwischen Englisch, Französisch, Italienisch und Spanisch übersetzt werden. Die Übersetzung wird direkt über die Lautsprecher der Brille wiedergegeben.
Weitere Modelle in der Entwicklung
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Google arbeitet ebenfalls an Smart Glasses mit Live-Übersetzung. Im Rahmen des Android XR-Projekts wurden Prototypen wie „Project Moohan“ vorgestellt, die mithilfe von Google Gemini AI gesprochene Sprache erkennen, übersetzen und als Untertitel im Sichtfeld anzeigen können. Auch Apple plant laut aktuellen Berichten die Einführung eigener Smart Glasses im Jahr 2026 – ebenfalls mit Fokus auf Anwendungen rund um KI Sprache.
Lohnt es sich überhaupt noch, eine Fremdsprache zu lernen?
Bei so viel Technik: Hat das Erlernen von Fremdsprachen im Zeitalter von KI überhaupt noch einen Nutzen? „Spracherkennung und Übersetzung sind Bereiche, in denen beim maschinellen Lernen noch große Fortschritte zu erwarten sind“, sagt der Berliner Sprachwissenschaftler Anatol Stefanowitsch in einem Interview mit der Zeit. Dennoch hält er es für sinnvoll, weiterhin Fremdsprachen zu erlenen. Denn Kommunikation ist ja mehr als der Austausch von Informationen – es geht auch darum, sich auf menschlicher Ebene miteinander auszutauschen. KI Sprache kann das bisher nur in Teilen leisten. „Eine Freundschaft oder gar eine Liebesbeziehung werden wir auch in Zukunft nicht mit einer dauerhaft zwischengeschalteten App führen wollen.“

Auch am Goethe-Institut teilt man diese Ansicht: „Zwar haben maschinelle Übersetzungsprogramme wie Google Translate und DeepL die Kommunikation erleichtert, aber sie sind nicht perfekt“, heißt es in einem Blogbeitrag, der selbst in Kooperation mit ChatGPT entstanden ist, wie die Autorenzeile verrät. „Sie sind nicht in der Lage, die kulturellen Nuancen zu erfassen, die für die Kommunikation und die zwischenmenschlichen Beziehungen wichtig sind.“ Eine Maschine könne zwar Wörter übersetzen, „aber sie kann nicht die Tiefe und den Reichtum der menschlichen Sprache wiedergeben“.
Woran KI bei Übersetzungen bisher oft scheitert
Dass Feinheiten in der Verständigung bei der Übersetzung per KI verloren gehen können, zeigt sich etwa daran, dass viele Apps noch Probleme haben, bildliche Ausdrucksweisen zu erkennen. Redewendungen wie „Das Gelbe vom Ei“ oder „Ich glaube, mein Schwein pfeift“ werden oft wörtlich übersetzt, was beim Gegenüber zu Verwirrung führen dürfte – typische Stolperfallen für KI Sprache.
Doch KI entwickelt sich rasant. Derartige Hürden sind womöglich schon in wenigen Jahren genommen. Für Sätze jedoch, die ironisch, humorvoll oder als Anspielung geäußert werden, brauchen wir Gesichtsausdruck, Gestik und womöglich genauere Kenntnisse des kulturellen und persönlichen Kontexts, in dem gesprochen wird. Und insbesondere, wenn wir eine vertrauensvolle Beziehung zu einer Person aufbauen möchten, ist es unerlässlich, empathisch und aufmerksam auf all die mimischen und gestischen Feinheiten zu reagieren, die neben reinen sprachlichen Äußerungen den Dialog bestimmen.
KI-Sprachlern-Apps haben großes Potenzial
Beim Erlernen der Fremdsprache kann Künstliche Intelligenz wiederum sehr hilfreich sein. So gibt es inzwischen Sprachlern-Apps, bei denen die Lernenden in Videokonversationen mit künstlichen Avatars ganze Dialoge üben. Die KI antwortet wie ein Muttersprachler oder eine Muttersprachlerin auf Sätze und hilft so, die richtige Aussprache zu trainieren. Auch hier zeigt sich, welches Potenzial in KI Sprache steckt. Ob man doch lieber in einen Sprachkurs mit einem menschlichen Lehrer gehen möchte, wird zur Frage persönlicher Vorlieben und womöglich finanzieller und zeitlicher Kapazitäten.
So oder so gibt es nicht zuletzt auch noch ein paar ganz eigennützige Gründe, eine Sprache gründlich zu lernen: Es macht Spaß, hält das Gehirn fit und beschert Erfolgserlebnisse. Das Gefühl, selbst auf Pekings Straßen nach der nächsten Bushaltestelle gefragt und sie anschließend sogar gefunden zu haben, kann einem keine Übersetzungs-App geben.