Bitumen in Bio: In Stuttgart kommt Asphalt aus Cashewkernen zum Einsatz
Damit Asphalt einen stabilen Straßenbelag bildet, wird er von dem Bindemittel Bitumen zusammengehalten. Der üblicherweise aus Rohöl gewonnene Stoff stammt nun erstmals aus Cashewkernen.
Im Straßenbau werden üblicherweise umweltschädliche Stoffe verwendet: von Asphalt über Teer bis hin zu Beton. Seit Jahren ist man auf der Suche nach umweltfreundlicheren Lösungen. Zuletzt wurde etwa ein Straßenbelag aus Plastikmüll erfunden, der nicht-recycelbaren Kunststoff verwertbar macht und dadurch tonnenweise CO₂ einspart. Einen ähnlichen Ansatz verfolgt das Start-up „b2 Square - Bitumen beyond oil“ mit seinem neuen Straßenbelag. Anstelle von kaputten Plastikflaschen kommen hier allerdings Abfallreste von Cashewschalen zum Einsatz.
Cashewschalen ersetzen umweltschädliches Rohöl
Bitumen, ein Nebenprodukt der Rohölraffinerie, ist beim Straßenbau essenziell. Das klebrige Gemisch sorgt dafür, dass die verschiedenen Kiessorten zusammenhalten. Außerdem verhärtet es den Asphalt und macht ihn dafür bereit, von Autos befahren zu werden. Allerdings gibt es zwei Probleme: Bitumen schwankt stark in der Qualität und ist zudem extrem umweltschädlich. Das Start-up „b2 Square – Bitumen beyond oil“ hat offenbar eine vielversprechende Lösung für beide Probleme entwickelt.
Franz Hage, CIO von b2 Square, hat eine Entdeckung gemacht, die eine Revolution auf der Straße bedeuten könnte. In Kooperation mit der Hochschule für Technik in Stuttgart hat er geforscht und schließlich herausgefunden, dass die Flüssigkeit aus den Schalen von Cashewkernen als Bindemittel für Asphalt taugt. Sie liefert eine stabile Qualität und erzeugt gleichzeitig weniger CO₂.
Ein weiterer Vorteil des Öko-Asphalts ist, dass er im Gegensatz zu herkömmlichem Asphalt ohne große Hitze transportiert und eingebaut werden kann – das spart Energie und ist zudem sicherer für die Bauarbeiter, die den Asphalt auf die Straße bringen.
Straßenbelag statt Studentenfutter
Cashews, die übrigens keine Nüsse, sondern die Kerne der sogenannten Cashewäpfel sind, werden in der Regel bereits geschält verkauft. Ihre Schalen sind ein Abfallprodukt, die weder von Menschen noch von Tieren verzehrt werden können. Das Chemieunternehmen BASF entfernt sie von den Kernen und entzieht ihnen die Flüssigkeit. Anschließend können sie in Pulverform weiterverwendet werden und bilden gemeinsam mit natürlich vorkommendem Kohlenwasserstoffharz ein Bio-Bitumen. Dem Unternehmen zufolge ist dieses Bitumen 10-mal haltbarer als klassisches Bitumen und speichert darüber hinaus bis zu 1.561 Kilogramm CO₂ pro 1.000 Kilogramm.
In Stuttgart wurde jetzt erstmals eine ganze Straße mit dem neuartigen Belag errichtet. Die Stadt will ihre Klimaziele erreichen und ist bereit, dafür das neue Produkt auszuprobieren und seine Langlebigkeit zu prüfen. Auch in Japan und Südafrika durfte das Start-up seinen Asphalt bereits verbauen. Weitere Projekte sind ebenfalls in Planung: Unter anderem am Flughafen Frankfurt und am Heathrow Airport in London soll der Cashew-Asphalt für mehr Nachhaltigkeit sorgen.
Jugend forscht zu nachhaltigem Asphalt
Franz Hage und sein Team von b2 Square sind nicht die einzigen, die nach einer umweltfreundlichen Bitumen-Alternative suchen. Bei dem Schülerwettbewerb „Jugend forscht“ haben dieses Jahr drei Jugendliche den gleichen Ansatz verfolgt.
Die 17-Jährigen aus Kiel haben dafür vier Jahre lang mit unterschiedlichen Gemischen aus Asche, Sand, Ölen und Oxidationsmitteln experimentiert. Die besten Ergebnisse haben sie schließlich mit Sonnenblumenöl erreicht. Vermischt mit Sand und Salpetersäure als Oxidationsmittel entsteht ein Stoff, der stabil genug ist, um befahren zu werden. Für ihre außergewöhnliche Arbeit zum Thema „Ressourceneffizienz“ wurden sie beim „Jugend forscht“-Landeswettbewerb in Schleswig-Holstein mit dem Sonderpreis ausgezeichnet.