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Noch ist es ein ungewöhnlicher Anblick, doch die Anbaufläche steigt: Ein Nutzhanf-Feld in Deutschland. Foto: AdobeStock
Noch ist es ein ungewöhnlicher Anblick, doch die Anbaufläche steigt: Ein Nutzhanf-Feld in Deutschland. Foto: AdobeStock

Hanfbeton: Die Alternative zu klassischem Beton?

Auf der Suche nach dem ressourcen- und klimaschonenden Baustoff der Zukunft erlebt eine uralte Kulturpflanze ein Comeback: Hanf. Seine positiven Eigenschaften in Form von Hanfbeton sind verblüffend.

Nachhaltiges Bauen ist mehr als ein Trend. Die globalen Klimaziele und damit verbundenen Anforderungen an die Energieeffizienz und Umweltverträglichkeit von Gebäuden lassen bald keine Alternative mehr zu. Die große Frage: Wie können Wohnungen und Infrastrukturen gebaut oder modernisiert werden, ohne Ressourcen auszubeuten, den CO₂-Ausstoß anzufeuern und am Ende der Nutzungsdauer einen riesigen Berg Sondermüll zu hinterlassen? Hanfbeton, bisher noch ein Nischen-Baustoff in Deutschland, könnte Antworten liefern. Er punktet mit einer hervorragenden Ökobilanz und verblüffenden bauphysikalischen Eigenschaften wie Haltbarkeit, Festigkeit und Dämmfähigkeit. Und wirtschaftlich ist er obendrein. Damit ist er einer der vielversprechendsten Kandidaten für eine grünere Architektur.  

Hanfbeton: Natürlich, langlebig und kompostierbar 

Hanfbeton kann wie herkömmlicher Beton in Wände oder Fundamente gegossen oder zu vorgefertigten Steinen oder Bauplatten gepresst werden. Foto: AdobeStock____
Hanfbeton kann wie herkömmlicher Beton in Wände oder Fundamente gegossen oder zu vorgefertigten Steinen oder Bauplatten gepresst werden. Foto: AdobeStock

Hanfbeton, auch Hanfkalk oder englisch "Hempcrete" genannt, ist zu 100 Prozent natürlich. Er besteht aus zwei der ältesten Baumaterialien der Menschheit, nämlich Hanf – speziell das holzige Innere der Stängel, die sogenannten Schäben – und mineralischem Kalk. Durch einfaches Mischen mit Wasser entsteht eine Masse, die sich flexibel verarbeiten lässt. Sie kann wie herkömmlicher Beton in Wände oder Fundamente gegossen oder zu vorgefertigten Hanfsteinen oder Bauplatten verarbeitet werden. Im Gegensatz zum Zementgemisch lässt sich der Baustoff jederzeit wiederverwerten und am Ende seiner Nutzung recyceln: Das Naturmaterial ist kompostierbar. Zudem bindet Hanf während seines Wachstums große Mengen an CO₂. Daher weist ein Hanfhaus sogar einen negativen CO₂-Fußabdruck auf. Es bindet etwa 60 bis 90 Prozent mehr CO₂, als es verursacht.  

Was macht Hanfbeton so besonders? 

Auch bauphysikalisch hat der innovative Baustoff ein enormes Potential: Hanfbeton hat nur rund 1/6 des Gewichts von normalem Beton, ist aber deutlich stärker und biegsamer. Hinzu kommen die außergewöhnlichen Dämm- und Schallschutzeigenschaften des Materials. Wer mit Hanfbeton baut, kann auf Dämmung verzichten. Mit einer Mauerdicke von 40 Zentimetern erreicht man einen Wert, der dem höchsten Klimahausstandard entspricht. Mit 45 Zentimetern ist man beim Passivhausstandard angelangt. Ähnlich wie beim Lehm „atmet“ das Haus und reguliert so Feuchtigkeit und Wärme. Das Ergebnis ist ein hervorragendes Raumklima: im Sommer eher kühl, im Winter warm. Durch seine Flexibilität gilt das Material als erdbebensicher. Es ist dazu hochgradig feuerresistent und schwer entflammbar sowie widerstandsfähig gegen Schädlinge und Pilzbefall. Das erklärt auch seine Langlebigkeit. Wind, Wetter und Zeit können dem Werkstoff nichts anhaben. Im Gegenteil: Sie sorgen dafür, dass Hanfbeton mit den Jahren noch fester wird.  

Ein bis zwei Hektar Acker ergeben ein Haus 

Hanf ist der Inbegriff eines nachwachsenden Rohstoffs. Nur vier Monate benötigt die Pflanze, um große Mengen an Biomasse zu produzieren. Damit wächst Hanf etwa 50-mal schneller als Holz. Und das nahezu überall auf der Welt und bis in Höhen von 1.900 Meter. Die Pflanze gilt außerdem als äußerst robust, braucht weder Unmengen an Wasser noch Dünger oder Pestizide. Für ein kleines Einfamilienhaus reichen ein bis zwei Hektar Nutzhanf, den Bauern als bodenregenerierende Zwischenfrucht aufziehen könnten. Übrigens sind Bau- und Dämmstoffe nur ein kleiner Teil dessen, was man aus Hanf herstellen kann. Die vielseitige Pflanze findet in der Medizin, in der Lebensmittelherstellung und in der Textilindustrie Verwendung. Dennoch war Cannabis lange Zeit von den Ackerflächen verschwunden, denn wie jeder weiß, gehört die Pflanze zu den am meisten konsumierten Drogen weltweit. In Deutschland war der Anbau nach dem 2. Weltkrieg verboten, erst seit 1996 dürfen Landwirte THC-arme Sorten der alten Nutzpflanze wieder anbauen.  

Gibt es Nachteile bei der Verwendung von Hanfbeton? 

Bei all diesen Vorteilen – langlebig, recycelbar, einfach und kostengünstig herzustellen – wo ist der Haken? Das vergleichsweise poröse Material ist nicht so druckbelastbar wie Beton. Daher ist der Ökobaustoff in der Regel nicht geeignet, die statischen Lasten eines Hauses zu tragen. Man verwendet ihn in Zusammenhang mit tragenden Elementen, etwa Holzständerwerken wie man sie vom Fachwerk kennt. Da der konstruktive Holzbau inzwischen Hochhäuser mit über 85 Metern Höhe ermöglicht, sind die Grenzen allerdings weit gesteckt. Holz und Hanf – sie könnten das neue Dreamteam werden. Allerdings ist die Verfügbarkeit und Bekanntheit von Hanfbaustoffen derzeit noch sehr begrenzt. Dadurch sind die Kosten bisher höher als bei konventionellen Baustoffen und es gibt noch viele Unsicherheiten hinsichtlich der Baunormen und -vorschriften.  

Wie steht es um die Zukunft von Hanf im Bauwesen? 

Gehört Hanfkalk die Zukunft? Das ist von vielen Faktoren abhängig, unter anderem auch von den Produktionskapazitäten von Vorreiter-Unternehmen wie Isohemp. Foto: IsoHemp____
Gehört Hanfkalk die Zukunft? Das ist von vielen Faktoren abhängig, unter anderem auch von den Produktionskapazitäten von Vorreiter-Unternehmen wie Isohemp. Foto: IsoHemp

Aus Hanf kann in unterschiedlichen Herstellungsverfahren nahezu jedes Material, das auf dem Bau benötigt wird, hergestellt werden: Von Bodenplatten über Wände bis zu Ziegeln, Putz oder Dämmwolle. Ob Hanfbeton und andere Hanfbaustoffe aus ihrem Nischendasein herausfinden, ist jedoch von vielen Faktoren abhängig. Unter anderem vom politischen Willen und baurechtlichen Bestimmungen, die den gesamten Lebenszyklus von Gebäuden – von der Herstellung der Baustoffe bis zu Rückbau und Entsorgung – in den Blick nehmen. Eng damit verbunden ist der notwendige Ausbau der Anbauflächen und Produktionskapazitäten. Last but not least braucht es mutige Bauherren und Architekten, die mit gutem Beispiel vorangehen, ihre Erfahrungen weitergeben und verlässliche Daten über die Energieeinsparungen im laufenden Betrieb der Gebäude liefern.  

Internationale Vorzeigebeispiele zeigen, was geht 

Hausbau mit Hanfkalk-Steinen der belgischen Firma IsiHemp in Hélécine (Belgien). Foto: IsoHemp____
Hausbau mit Hanfkalk-Steinen der belgischen Firma IsiHemp in Hélécine (Belgien). Foto: IsoHemp

Es gibt bereits viele gute und zum Teil ausgezeichnete Projekte, die mit Hanfkalk gebaut wurden. Zum Beispiel „The Bright Building“, ein 2016 errichtetes Campusgebäude der Universität Bradford in England. Mit vier Stockwerken und einer Grundfläche von 1.800 Quadratmetern ist es bis heute eines der größten Hanfkalk-Projekte, das in monolithischer Bauweise realisiert wurde. Das Material wurde per Spritzverfahren direkt in die Wände eingebracht. In Südafrika entsteht derzeit das höchste Hanfgebäude der Welt aus Steinen. Das zwölfstöckige Hotel wurde von ursprünglich fünf Stockwerken in konventioneller Bauweise um sieben Stockwerke aus Hanfziegeln erweitert. In den Niederlanden wird ein komplettes Wohnviertel aus Hanfhäusern gebaut. Und das erste Fertigteilhaus aus Hanfbeton ist dort seit 2019 auf dem Markt. In Deutschland wird Hanfbeton bisher vor allem in kleinen Wohnprojekten eingesetzt. In den Baumärkten sucht man den Baustoff noch vergebens. Doch auch hierzulande tut sich etwas: Die Hanf-Anbauflächen sind in den vergangenen Jahren gestiegen und es gibt immer mehr Anbieter für Baustoffe aus Hanf.  

Kann Hanfbeton den klassischen Beton langfristig ersetzen? 

Der Allzweck-Baustoff Beton hat viele Vorteile. Er ist stabil, langlebig und vielseitig einsetzbar. Doch er besteht zu einem Fünftel aus Zement, bei dessen Herstellung sehr viel Energie benötigt und CO₂ freigesetzt wird. Außerdem braucht er Rohstoffe wie Sand oder Kies in großen Mengen, es gibt sie bereits heute nicht mehr wie „Sand am Meer“. Nicht überall lässt sich Beton ersetzen. Bei hohen statischen Belastungen, etwa beim Tunnel- und Brückenbau, gibt es bislang keine wirtschaftliche Alternative. Für alle anderen Zwecke kann Hanfbeton jedoch problemlos eingesetzt werden und damit den klassischen Beton in weiten Teilen ersetzen. Ob er zum Hauptakteur einer grünen Revolution im Bauwesen wird, liegt an uns allen.  

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