
Kühlender Beton kann Städte vor Hitze schützen
Ein chinesisches Forschungsteam hat einen kühlenden Beton entwickelt, der Sonnenlicht nicht absorbiert, sondern reflektiert und somit Gebäude kühler hält. So funktioniert die innovative Technologie.
Die Sonne brennt, es sind 35 Grad, und die Luft steht still. Keine seltene Situation im Hochsommer. Abseits von Freibad und Eiskaffee kann das auch gefährlich werden. Besonders in der Stadt – denn wenn sich die Hitze staut, wird die Straße zum Backofen und der Gehweg zur Herdplatte.
Anhaltende Hitze ist nicht nur unangenehm, sie birgt auch gesundheitliche Risiken. Für den Sommer 2024 geht das Robert Koch Institut von etwa 3.000 Hitzetoten aus. Die Sommer werden immer heißer, die Hitzeperioden länger – das sind direkte Folgen des Klimawandels. In Städten, wo es durch den Wärmeinseleffekt meist noch wärmer als auf dem Land wird, suchen Bauunternehmen und Architekten nach Lösungen im Kampf gegen urbane Hitze.

Jetzt kommt eine mögliche Lösung aus der Baubranche: Chinesische Forscher haben einen neuen Zement entwickelt, der Licht streut und damit auch bei hoher Außentemperatur kühl bleibt. Die Ergebnisse haben sie in der Fachzeitschrift Science Advances vorgestellt.
Kühlender Beton – wie funktioniert das?
Das neue Baumaterial namens „Supercool Cement“ reduziert die Oberflächentemperatur und kühlt damit Innenräume, ganz ohne Klimaanlage. So leistet dieser innovative Baustoff einen Beitrag zum Klimaschutz.
Untersuchungen in einer simulierten Stadtumgebung zeigten, wie Flächen aus kühlendem Beton die Oberflächentemperaturen um 8 bis 10 Grad senken können. Dies hatte wiederum einen Einfluss auf die Umgebungstemperatur, die um ca. 1,5 bis 2 Grad verringert wurde. Als besonders wirksam erwies sich das Material, wenn es in Kombination mit anderen klimagünstigen Maßnahmen, wie begrünten Dächern, eingesetzt wurde.
Kühlender Beton ist in der Lage, Wärme zu absorbieren und wieder abzugeben, um Innenräume passiv zu kühlen. Anders als beim herkömmlichen Beton, der Tageshitze oft speichert und die Umgebung aufheizt, wird bei kühlendem Beton mit thermischen und physikalischen Modifikationen gearbeitet.
Dies wird durch zwei Hauptmechanismen erreicht:
Thermische Masse: Beton selbst hat eine hohe Wärmekapazität, das heißt, er kann viel Wärme speichern. Kühlender Beton geht einen Schritt weiter, indem spezielle Gesteinskörnungen und Zusätze die Wärmeaufnahmezeit so verlangsamen, dass sich die Hitze gar nicht erst im Raum ansammelt oder gleichmäßig abgegeben wird, wenn die Temperaturen wieder sinken.
Wasserzirkulation im Beton: Einige moderne Ansätze beinhalten kleine Kanäle für Wasser im Beton. Das Wasser fließt durch die Struktur und nimmt Wärme auf, wodurch ein Kühleffekt entsteht – vergleichbar mit einer Fußbodenheizung, nur andersherum.
Einsatzgebiete – wo sollte kühlender Beton verwendet werden?
Klimaanlagen leisten zwar Abhilfe, sind jedoch energieintensiv und tragen zur weiteren Klimaerwärmung bei. Kühlender Beton setzt hier an: Er senkt die Temperaturen im Gebäude ohne zusätzlichen Energieaufwand und funktioniert rein passiv.

Eingesetzt wird er vor allem dort, wo traditionelle Kühlmethoden wie Ventilatoren oder Klimaanlagen ineffizient oder teuer sind. Sinnvolle Einsatzbereiche umfassen:
Wohnhäuser: In südlichen Ländern, in denen Außenklimatisierung oft zu Stromausfällen führt, sind innovative Materialien wie dieser von Vorteil.
Öffentliche Gebäude: Schulen, Krankenhäuser und Bahnhöfe profitieren von passiven Kühlmechanismen.
Gewerbeimmobilien: Einkaufszentren oder große Bürogebäude können durch den Einsatz solcher Materialien Betriebskosten sparen.
Außenbereiche: Parkhäuser oder Sportstadien könnten durch kühlenden Beton die Umgebungstemperatur deutlich angenehmer gestalten.
Ein beeindruckendes Beispiel für die Nutzung findet man in Indien, wo ein großes Universitätsgebäude auf passive Bauweise und kühlenden Beton setzt, um den Studierenden eine angenehmere Lernumgebung zu schaffen – trotz Außentemperaturen von bis zu 45 Grad.
Vorteile von kühlendem Beton
Die Verwendung von kühlendem Beton hat zahlreiche Vorteile, sowohl ökologisch als auch ökonomisch:
Energieeinsparung: Weniger Bedarf an Klimaanlagen reduziert die CO₂-Emissionen durch weniger Stromverbrauch.
Komfort: Gekühlte Räume ohne störende Zugluft oder den Lärm einer Klimaanlage.
Langlebigkeit: Kühlender Beton ist genauso robust wie herkömmlicher Beton und damit ein langlebiges Baumaterial.
Weniger urbaner Hitzeeffekt: In großen Stadtbereichen kann die Materialwahl zur Temperatursenkung beitragen.
Aktuelle Herausforderungen: Hohe Preise & Wartung
Bei jeder neuen Technologie gibt es auch Herausforderungen. Kühlender Beton ist momentan noch teurer in der Produktion als herkömmlicher Beton, da für die Modifikationen spezielle Zusätze und Technologien notwendig sind.

Ebenso ist die Wasserzirkulationstechnologie technisch anspruchsvoll und kann Wartung benötigen. Hier sind Architekten und Ingenieure gefragt, die Lösungen so zu skalieren, dass sie großflächig eingesetzt werden können.
Zukunftsperspektiven für Kühlbeton: Wohin geht die Entwicklung?
Die Bauindustrie zählt zu den größten CO₂-Emittenten weltweit – es braucht dringend nachhaltige Ansätze. Kühlender Beton ist ein Schritt in die richtige Richtung. Forschungsteams arbeiten weltweit daran, die Kosten zu senken, die Effizienz weiter zu erhöhen und Beton mit anderen passiven Technologien wie reflektierenden Oberflächen zu kombinieren.
In weniger als zehn Jahren könnte kühlender Beton zum Standard in Regionen mit heißem Klima werden. Visionäre Architekturbüros planen bereits jetzt ganze Architekturprojekte rund um diese innovative Technologie.