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Blick über den Zebrastreifen, ein Mann fährt Fahrrad und hört dabei Musik mit seinen Kopfhörern.
Welche Geräusche werden wir zukünftig in der Stadt hören? Foto: Getty Images

Wie klingt die Stadt der Zukunft?

Schlafstörungen, Bluthochdruck, Depressionen – der Lärm in Städten stellt eine Belastung für unser Wohlergehen dar. Maßnahmen zur Lärmreduzierung gibt es viele. Doch die Frage, welche Geräusche wir stattdessen in der Stadt hören wollen, bleibt offen. Wir richten sie an den Akustik-Experten André Fiebig.

Die Geräuschbelastung in Städten zu minimieren, steht seit Jahren auf dem Programm des Bundesumweltministeriums. Auch Initiativen wie der „Tag gegen Lärm“ am 24. April setzen sich dafür ein, über die Folgen von Lärmbelastung aufzuklären und mögliche Lärmminderungsmaßnahmen zu identifizieren. Wenn man sich damit beschäftigt, wie die Stadt der Zukunft klingen sollte, reicht es aber nicht aus, mit einem Messgerät festzustellen, ob die Lautstärke für Menschen zumutbar ist oder nicht. Vielmehr müsse man die Qualität der akustischen Umgebung untersuchen, sagt André Fiebig von der Technischen Universität Berlin.  

Der Psychoakustiker untersucht, wie Menschen ihre Umwelt wahrnehmen und bewerten. Er will nicht nur herausfinden, wie man den Lärm in Städten reduzieren kann, sondern auch, welche Geräusche den Menschen guttun – und wie sie bei der nachhaltigen Stadtplanung zum Einsatz kommen können.  

Der stark ausgeprägte Individualverkehr in deutschen Städten sorgt für eine hohe Lärmbelastung bei Bewohnern. Foto: Getty Images____
Der stark ausgeprägte Individualverkehr in deutschen Städten sorgt für eine hohe Lärmbelastung bei Bewohnern. Foto: Getty Images

Herr Fiebig, in der Stadt ist es oft laut. Man hört von allen Seiten Hupen, Motoren und Sirenen. Wie groß ist der Einfluss von diesen Geräuschen auf unser Wohlergehen? 

Wir unterscheiden zwischen Geräuschquellen, die angenehm sind und solchen, die unerwünscht sind – sie bezeichnen wir als Lärm. Und Lärm wird ganz oft unterschätzt. Die meisten Menschen bezeichnen ihn nur als unkomfortabel und sagen, sie könnten sich an ihn gewöhnen. Aber tatsächlich ist es so, dass uns Lärm in allen Kontexten des Lebens belastet und auch gesundheitliche Implikationen hat. Man unterschätzt die Gefahr des Lärms. Er beeinträchtigt den Menschen sehr stark, sowohl physisch als auch psychisch.  

Was kann dauerhafter Lärm anrichten? 

Eine dauerhafte Belastung von unerwünschten Geräuschen führt dazu, dass sich Ärger und Stress aufbauen. Und anhaltender Stress sorgt für chronische Erkrankungen, zum Beispiel Bluthochdruck und ein gesteigertes Risiko für Herzinfarkte, aber auch Depressionen und eine schlechte Schlafqualität. Bei Lärm können wir uns schlechter konzentrieren, wir können schlechter lernen, Erholungsphasen dauern länger. Es ist erstaunlich, in wie vielen Bereichen des Lebens Lärm eine kritische Rolle spielt. 

Radfahren erzeugt nicht nur weniger klimaschädliche Emissionen als der motorisierte Verkehr, sondern auch deutlich weniger Lärm. Foto: Getty Images____
Radfahren erzeugt nicht nur weniger klimaschädliche Emissionen als der motorisierte Verkehr, sondern auch deutlich weniger Lärm. Foto: Getty Images

Wo können wir ansetzen, wenn wir den Lärm in Städten minimieren wollen? 

Dass jeder mit seinem eigenen PKW oder Moped unterwegs ist, erzeugt eine Menge Lärm. Straßenverkehrslärm ist die dominante Quelle in Deutschland, gerade im urbanen Raum. 75 Prozent der Menschen fühlen sich durch ihn gestört und belästigt. Wenn wir als Gesellschaft stärker aufs Rad setzen und den ÖPNV nutzen würden, dann hätten wir deutlich weniger Straßenverkehrsgeräusche. Es wäre auch eine wirkungsvolle Maßnahme, die Einfahrt von Kraftfahrzeugen in Innenstädten zu verbieten. Gleichzeitig gibt es ein großes Mobilitätsbedürfnis und in strukturschwächeren Regionen reicht der ÖPNV oft nicht aus. 

Sind Elektrofahrzeuge die Lösung für dieses Problem? 

Elektrofahrzeuge sind punktuell leiser, aber nur bei niedriger Geschwindigkeit. Sofern die Autos schneller als 30 Kilometer pro Stunde fahren, sind die Unterschiede kaum messbar, weil dann das Rollgeräusch überwiegt. Dann ist der Unterschied zwischen Elektrofahrzeugen und Fahrzeugen mit Verbrennungsmotor gar nicht mehr so riesengroß.  

Wäre dann die Einführung von Tempolimits eine geeignete Maßnahme zur Lärmreduzierung? 

Ja, die Temporeduzierung von 50 km/h auf 30 km/h hat erheblichen Einfluss auf die Geräuschentwicklung. Das ist eine sehr wirkungsvolle Maßnahme, mit der man etwa bis zu drei Dezibel gewinnen kann. Das wäre so, als ob nur noch die Hälfte der Fahrzeuge vor der Haustür vorbeifährt.  

Gibt es denn auch Stadtgeräusche, die wir nicht als Lärm wahrnehmen? 

Ja, denn nicht alle Stadtgeräusche sind unerwünscht. Zum Beispiel Aufenthaltsorte, wo Menschen zusammenkommen, wo sich unterhalten wird, wo es Konzerte gibt, erzeugen eine angenehme akustische Umgebung. Und auch biophone Geräusche, wie Vogelgezwitscher und Springbrunnen empfinden Menschen als angenehm. 

Menschen fühlen sich in der akustischen Umgebung von Grünflächen wohl. Foto: Getty Images____
Menschen fühlen sich in der akustischen Umgebung von Grünflächen wohl. Foto: Getty Images

Was sind biophone Geräusche? 

Das sind solche, die einen natürlichen Ursprung haben, also nicht menschgemacht sind, sondern eher einen Bezug zur Natur haben. Das kann das Rauschen der Blätter sein, das können Tiergeräusche und Wasserplätschern sein. Diese Geräusche werden in der Regel positiv bewertet. 

Wie können denn positiv besetzte Geräusche bei der Gestaltung der Stadt der Zukunft eingesetzt werden? 

In der Lärmwirkungsforschung haben wir uns in den letzten 70 Jahren vor allem mit den negativen Folgen von Lärm beschäftigt. Akustische Umgebungen, die gesundheitsförderlich sein könnten, bestimmte Erkrankungsrisiken vielleicht nicht nur hemmen, sondern gar nicht erst aufkommen lassen, haben wir kaum untersucht. Wir haben aber einige Informationen, wenn es darum geht, was Menschen grundsätzlich präferieren. 

Nämlich Orte, an denen sie biophone Geräusche wahrnehmen? 

Genau, zum Beispiel Grünflächen und Parks. Es ist sogar so, dass sich Menschen in ihrer Wohnumgebung weniger gestört fühlen, wenn in der Nähe eine Grünfläche ist, weil die akustische Situation in Parks ein Erholungsgefühl vermitteln kann. Wenn wir also über die Stadt der Zukunft sprechen, dann sollten wir gezielt Ausgleichsflächen schaffen. Es darf nicht nur darum gehen, unerwünschte Geräusche zu reduzieren, sondern auch darum, akustische Qualität zu fördern, beispielsweise indem wir Begrünungen vorsehen und eine gute Erreichbarkeit von Grünflächen für alle in der Stadt gewährleisten.

Viel Grün, wenig Verkehr – kann so die Stadt der Zukunft aussehen und dabei das Mobilitätsbedürfnis der Gesellschaft befriedigt werden? Foto: Adobe Stock____
Viel Grün, wenig Verkehr – kann so die Stadt der Zukunft aussehen und dabei das Mobilitätsbedürfnis der Gesellschaft befriedigt werden? Foto: Adobe Stock

Wie stellen Sie sich die Stadt der Zukunft vor? 

Wir müssen versuchen, die Natur stärker in die Stadt zu bringen und bewusst Ausgleichsflächen schaffen, die akustisch angenehm sind. So stelle ich mir die Stadt der Zukunft vor. Und da ist das Thema Akustik nur eines von vielen – denn eine nachhaltige Stadtentwicklung verfolgt mehrere Ziele, auch Klimaschutz, geringer Energieverbrauch und der Abbau von Hitze sind hochrelevant. Und ich glaube, dass viele Maßnahmen, die Lärm mindern, auch förderlich für die anderen Umweltbereiche sind. Wir brauchen Gesamtkonzepte, die das alles miteinbeziehen. In der Vergangenheit war alles sehr reaktiv und nur isoliert betrachtet worden.

Was meinen Sie damit? 

Wir haben Städte gebaut und irgendwann gemerkt: Hier ist es zu laut. Dann mussten Schallschutzfenster in die Häuser eingesetzt, neue Fahrbahnbeläge verlegt und die Verkehrsführung geändert werden, weil die Menschen zu stark vom Lärm belastet waren. Bei der Stadt der Zukunft sollten wir von vornherein alles bei der Planung berücksichtigen, sodass die Lärmkonflikte gar nicht erst in diesem Ausmaß auftreten.  

Und wie kann das gelingen? 

Wir brauchen die Zusammenarbeit von Stadtökologen, Verkehrsplanern, Stadtentwicklern und Personen aus den Imissionsschutzreferaten, die sich mit der Luftqualität und dem Thema Lärm auskennen, wenn wir die Stadt der Zukunft konzipieren wollen, damit alle Aspekte gleichzeitig berücksichtigt werden. Wir dürfen nicht erst Probleme in die Welt bringen und später versuchen, Abhilfe zu schaffen. Es gibt mehrere Millionen Menschen in Deutschland, die gesundheitsschädlichem Lärm in der Stadt ausgesetzt sind. Diese Situation hätte gar nicht erst entstehen dürfen.  

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