
Analemma Tower: Schweben bald Wolkenkratzer an Asteroiden über der Erde?
Wolkenkratzer brauchen ein festes Fundament! Oder etwa doch nicht? Nach einer Vision von Clouds AO könnten Wolkenkratzer zukünftig vom Himmel hängen. So zumindest ist es für den Analemma Tower geplant. Doch wie realistisch ist das Vorhaben?
In den vergangenen Jahren gab es einige tollkühne Bauvorhaben, deren Realisierung durchaus fragwürdig erschien. Man denke nur an The Line in Saudi-Arabien. Der Analemma Tower setzt noch eins obendrauf: Statt wie normale Wolkenkratzer vom Boden gen Himmel zu wachsen, soll dieses Mega-Hochhaus aus dem Orbit herabhängen – befestigt an einem Asteroiden, der in geosynchroner, exzentrischer Umlaufbahn die Erde umkreist. Dadurch pendelt der Turm über Nord‑ und Südhalbkugel. Aus Sicht der Erdoberfläche zeichnet er eine liegende Acht, das sogenannte Analemma.
Analemma Tower: Der Orbit als Fundament
Hinter der Idee steckt das New Yorker Architekturbüro Clouds AO. Demnach soll der Asteroid in etwa 50.000 Kilometern Höhe die Erde umrunden. Das von Seilen getragene Gebäude selbst beginnt in einer Höhe von etwa 32 Kilometern über dem Meeresspiegel. Asteroid sowie Turm bewegen sich in einem 24‑Stunden‑Rhythmus synchron zur Erddrehung. Die langsamsten Punkte der Bahn liegen über Städten wie New York oder Dubai, wo Andock‑ und Transferzonen geplant sind.

Für das Gebäude selbst sieht Clouds AO eine klare Raumzonierung vor: Unten befinden sich Zugangsplattformen für den intermodalen Verkehr – mit Raumkapseln oder Stratosphärengleitern. Daran schließen sich Büros und Gewerbeflächen, dann Gärten und darüber Wohnungen an. Ab 12.000 Metern Höhe folgt ein sakraler Bereich, unter anderem mit Gebetsräumen. Bestattungsräumlichkeiten schließen das Gebäude ab. Die Positionierung folgt dem Prinzip: Je höher, desto abgeschiedener. Lichtverhältnisse, Luftdruck und Temperaturunterschiede fließen in die Anordnung ein.
Auch über die Energie- und Wasserversorgung haben sich die Planer Gedanken gemacht: Solarpaneele über der dichten Atmosphäre sollen konstant Energie aus Photovoltaik liefern. Geschlossene Wasserkreisläufe sammeln den Plänen nach Kondens- und Regenwasser. Außerdem sollen magnetbasierte Fahrstuhlsysteme klassische Seile ersetzen und die vertikale Mobilität ermöglichen.
Technologie nicht verfügbar, Rechtslage fraglich, Finanzierung utopisch
All das sind Ansätze, die zwar vielversprechend, aber doch weit von der Realität entfernt klingen. Bedenken rund um die Umsetzbarkeit des Projektes lassen sich so jedenfalls nicht ausräumen – und davon gibt es einige.
Um an die ersten Hürden zu stoßen, muss man noch nicht mal das Gebäude selbst beleuchten – sie sind „fundamental“: Nach jetzigem Wissens- und Technikstand ist es nicht so einfach, einen passenden Himmelskörper zu finden, dessen Umlaufbahn sich so verändern lässt, dass er die Erde in einer festgelegten Kreisbahn umrundet. Es dürfte noch Jahrzehnte dauern, bis das möglich ist. Zudem wäre der Analemma Tower in einer Höhe von etwa 32 Kilometern extremen Druckbedingungen und Temperaturen bis zu -40 Grad Celsius ausgesetzt – am unteren Ende des Turms wären die Klimabedingungen hingegen moderat.

Nicht nur in technischer Hinsicht stellen sich kaum zu beantwortende Fragen: Wem zum Beispiel gehört ein schwebendes Gebäude im Orbit? Internationale Verträge wie der Weltraumvertrag von 1967 verbieten nationale Besitzansprüche im All – aber private Konstruktionen sind juristisch kaum geregelt. Der Analemma Tower bewegt sich also nicht nur über den Erdball, sondern rechtlich auch in einer Grauzone. Darüber hinaus dürften Bau- und Wartungskosten in unvorstellbaren Dimensionen liegen. Selbst Megaprojekte wie das besagte The Line in Saudi-Arabien wirken im Vergleich schon fast greifbar.
Spinnerei oder konstruktiver Vorstoß? Warum solche Visionen wichtig sind
Ganz umsonst sind die Planungen von Clouds AO deswegen aber nicht. Denn auch wenn die Umsetzung fern erscheint: Konzepte wie dieses treiben Technik und Denken voran. Gerade angesichts wachsender Städte, steigender Temperaturen und Ressourcenknappheit ist es essenziell, neue Wege zu entwickeln. Die Vision des Analemma Towers kann – wie viele andere utopische Projekte – Realitäten beeinflussen, auch wenn sie selbst nie gebaut wird.