Urban Mining: Städte als Rohstofflager
Wer hätte gedacht, dass unsere Städte mittlerweile zu den ergiebigsten Lagerstätten für diverse Rohstoffe gehören? Wir müssen nur die Potenziale richtig nutzen – Stichwort: Urban Mining. Wir erklären, worum es dabei geht und wo es schon erfolgreich umgesetzt wird.
Was ist Urban Mining?
Beim Urban Mining geht es darum, sogenannte Sekundärressourcen, also Rohstoffe, die schon einmal verwendet wurden, wieder nutzbar zu machen. Anstatt wie bisher ganze Landstriche nach benötigten Materialien, die unter Tage schlummern könnten, zu durchwühlen, wird in diesem Fall die zivilisierte Welt und vor allem die Stadt zur Mine. Man spricht dabei auch vom anthropogenen Lager, also menschengemachten Lager. Aus dem Schrott langlebiger Güter – unter anderem von Autos und anderen Elektrogeräten, aber auch von ganzen Infrastrukturen und Gebäuden – wird so erneut ein wichtiger Bestandteil der Wertschöpfungskette. Es geht dabei insbesondere um nicht erneuerbare Rohstoffe wie Sand, Kupfer oder andere Metalle. Durch die Wiederverwendung entsteht ein Kreislauf, der mit Blick in die Zukunft extrem wichtig ist. Mit anderen Worten: Durch das Urban Mining wird Müll zu Gold.
Warum ist Urban Mining so wichtig?
Wir brauchen besagte Rohstoffe, die nicht erneuerbar sind, für nahezu alle Zukunftstechnologien. In unseren Smartphones zum Beispiel stecken etwa 30 verschiedene Metalle, darunter Eisen und Aluminium, aber auch geringe Mengen an Gold und sogenannte Seltene Erden. Nun könnte man meinen, dass ein Smartphone durch seine geringe Größe keinen besonders großen Einfluss auf den Rohstoffverbrauch hat. Allerdings werden weltweit pro Jahr bis zu 1,4 Milliarden Smartphones verkauft. Wenn diese allesamt ohne Wiederverwertung im Müll landen, gehen uns wichtige Materialien verloren, denn die Vorkommen an nicht erneuerbaren Rohstoffen sind bekanntlich begrenzt.
Deutlich wird dies am Beispiel Kupfer. Das rotbraune Metall kommt nicht nur in Smartphones, sondern in fast allen Bereichen des Alltags vor, sei es als Münze in unserem Geldbeutel oder als Rohr in unseren Hauswänden. Bezogen auf die Zukunftstechnologien spielt Kupfer unter anderem bei der Herstellung von Windrädern eine wichtige Rolle. Bis zu 30 Tonnen sind in einer einzigen Windkraftanlage verbaut. Die mehr als 28.000 Windräder, die bereits in Deutschland stehen, haben dabei eine Gesamtleistung von 58 Gigawatt. Bis 2030 möchte die Bundesregierung mit 115 Gigawatt eine doppelt so hohe Leistung durch Windkraft erzielen. Zwar werden Windräder immer größer und leistungsstärker, trotzdem sollen laut Bundeskanzler Olaf Scholz deshalb durchschnittlich 4 bis 5 Windräder pro Tag an Land errichtet werden. Das allein zeigt, dass der Verbrauch an Kupfer wohl steigen wird. Das Problem: Laut Schätzungen sind die natürlichen Reserven an Kupfer nur noch etwa so hoch wie die Bestände, die bereits verbaut sind. Es bleibt uns also kaum etwas anderes übrig, als das Kupfer mithilfe von Urban Mining wieder nutzbar zu machen.
So gelingt uns Urban Mining
Die gute Nachricht ist, dass Kupfer vollständig und ohne Qualitätseinbußen recycelt werden kann – und so steht es auch um viele andere Rohstoffe. Einzig die Trennung der einzelnen Bestandteile anthropogener Lager fällt nicht immer leicht. Deshalb achtet unter anderem die Bauindustrie vermehrt darauf, Gebäude zukünftig so zu errichten, dass Bestandteile später eventuell wiederverwendet werden können. Dies wird das Urban Mining in der Praxis erleichtern.
Aus Alt macht Neu: Wolkenkratzer-Edition
Aber auch heute wird an vielen Stellen versucht Ressourcen wiederzuverwenden – manchmal sogar ganze Gebäude. Die Bauherren des Quay Quarter Towers in Sydney etwa machten sich die Bausubstanz eines in die Jahre gekommenen Büroturms zunutze, wobei etwa zwei Drittel der ursprünglichen Tragstruktur erhalten blieben. Das ist ungewöhnlich beim Bau von Wolkenkratzern. Deshalb zählt der Wolkenkratzer zu den innovativsten und spektakulärsten Bauwerken des vergangenen Jahres. Er wurde unter anderem mit dem Internationalen Hochhaus Preis 2022/23 ausgezeichnet.
Mehr Nachhaltigkeit durch Baustoff-Recycling
Manche verzichten beim Hausbau sogar komplett auf traditionelle Baumaterialien und setzen stattdessen auf Baustoff-Recycling. Aus vermeintlichem Müll wie Autoreifen und Flaschen baut zum Beispiel der Architekt Mike Reynolds sogenannte „Earthships“ – nachhaltige und energieeffiziente Recyclinghäuser.
Alte Smartphones: Aus der Schublade zurück in den Stoffkreislauf
Auch im Haushalt ist Urban Mining möglich, zum Beispiel bei Elektrogeräten. Dass man alte Smartphones nicht einfach in den Müll schmeißen sollte, wissen die Meisten. Sie müssen aber auch nicht in der Schublade verrotten. An verschiedenen Stellen, zum Beispiel beim NABU, kann man sein Smartphone abgeben. Dort wird über einen Recyclingpartner geprüft, ob die ausrangierten Mobiltelefone noch funktionsfähig sind. Wenn ja, werden sie wieder aufbereitet. Wenn nicht, werden sie nach Norm verschrottet – so, dass die einzelnen Bestandteile wieder in die Produktion neuer Produkte einfließen können.