Tiny Forests – Grüne Oasen in der Stadt
Ein echter Wald mitten in der Stadt: Sind Tiny Forests Wundermittel für die Nachhaltigkeit oder dienen sie vor allem der Anpassung an den Klimawandel?
Inmitten von Beton und Asphalt erheben sich neue, lebendige Naturräume: Tiny Forests. Diese kleinen, dichten Wälder bieten in urbanen Umgebungen nicht nur einen Rückzugsort für Mensch und Tier, sondern haben darüber hinaus auch noch positive Effekte auf Luftqualität, Stadtklima, Biodiversität, das gesamte Klima, die Lebensqualität… Aber von vorne:
Was sind Tiny Forests?
Viele Bäume auf kleinem Raum: So könnte man das Konzept Tiny Forest zusammenfassen. Die auch Miyawaki-Methode genannte Pflanzung sieht vor, dass auf einer kleinen Fläche, zum Beispiel einem Tennisfeld entsprechend, viele unterschiedliche heimische Baumarten und Sträucher dicht zusammengepflanzt werden. Durch die hohe Dichte von Pflanzen ist auch der Konkurrenzdruck höher, was wiederum dazu führt, dass sich die neuen Wälder in Rekordtempo entwickeln. Wenn andere sogenannte natürliche Waldgesellschaften rund 200 Jahre Entstehungszeit brauchen, sollen Tiny Forests bereits nach 3 Jahren autark und nach 25 bis 30 Jahren so weit sein, dass sich kaum Unterschiede zu älteren Wäldern ausmachen lassen.
Entwickelt hat diesen Ansatz der schnell wachsenden Wälder der japanische Ökologe Akira Miyawaki in den 70er Jahren, nach dem er auch benannt ist. Schwung in das Konzept kam vor rund 10 Jahren, angetrieben von dem gelernten Ingenieur Shubhendu Sharma. Er war von der Idee so begeistert, dass er Afforestt gründete. Seither entstehen überall auf der Welt Tiny Forests.
Was bringt ein Tiny Forest?
Wälder nach der Miyawaki Methode sind besonders für dicht besiedelte Städte geeignet. Wo Grünflächen oft Mangelware sind, erweisen sich Tiny Forests als kleine ökologische Wunderwaffen. Durch die hohe Konzentration von Bäumen, Sträuchern und anderen Pflanzen wirken sie als natürliche Luftfilter. Sie absorbieren CO2 und andere Schadstoffe aus der Luft und setzen im Gegenzug Sauerstoff frei. Dies trägt signifikant zur Verbesserung der Luftqualität bei.
Darüber hinaus schaffen Tiny Forests ein angenehmes Mikroklima. Sie spenden Schatten und transpirieren Wasser, was die Luft kühlt und so in heißen Sommermonaten spürbar die Temperatur senkt. Dieser Effekt ist besonders in dicht bebauten städtischen Gebieten von Bedeutung, wo die sogenannte Hitzeinselwirkung zu höheren Temperaturen führt.
Schließlich dienen Tiny Forests als wichtige Refugien für urbane Wildtiere und Insekten. Sie bieten durch die Vielfalt von Pflanzenarten auch einer Vielzahl von Arten Lebensraum, Nahrungsquellen und Brutstätten. Das fördert die lokale Biodiversität und schafft neue Ökosysteme inmitten eher insektenfeindlicher Wohnhäuser und Straßen.
Luftreinigung, Klimaregulierung und Förderung der Artenvielfalt – Tiny Forests sind eine effektive und nachhaltige Lösung, um gerade Städte positiv zu beeinflussen. Sie zeigen, wie eine kleine Fläche intensiv genutzt werden kann, um großflächige positive Auswirkungen auf die städtische Umwelt zu erzielen.
Wie entsteht ein Tiny Forest?
Die Miyawaki-Methode dient ursprünglich der Aufforstung. Damit also ein Tiny Forest entsteht, braucht es zunächst den Menschen, der bewusst und gezielt pflanzt. Im Idealfall kommen zur Pflanzung Anwohnerinnen und Anwohner zusammen, die gemeinsam mit einer Organisation, meist lokalen Vereinen, die sich dem Anlegen von Kleinwäldern verschrieben haben, den neuen Wald anlegen. So wird gleichzeitig auch das Umweltbewusstsein geschult und ein Gemeinschaftssinn geschaffen.
Wenn die Pflanzenarten für den Ort bestimmt sind – einheimisch und vielfältig –, muss der Boden vorbereitet werden. Denn damit auf rund einem Quadratmeter drei Setzlinge gedeihen können, braucht es einen besonders nährstoffreichen Boden. Und auch danach brauchen die Pflanzen in einem Tiny Forest zunächst noch die Aufmerksamkeit und Unterstützung von Menschen. Allerdings ohne, dass sie die Natur stören. Aus diesem Grund steht um viele dieser Waldanlagen ein Zaun. Nach rund drei Jahren kann sich der neue Wald selbst regulieren.
Wo gibt es Tiny Forests?
Tiny Forests, als Teil globaler Nachhaltigkeitsbestrebungen, finden sich in vielen Städten weltweit. In Japan, wo die Miyawaki-Methode ihren Ursprung hat, sind sie bereits ein integraler Bestandteil urbaner Landschaften. In Europa gewinnen Tiny Forests ebenfalls zunehmend an Bedeutung. Städte wie Amsterdam und Paris haben begonnen, diese Miniwälder aktiv in ihre Stadtplanung zu integrieren. In Amsterdam wurde beispielsweise ein Tiny Forest im Stadtteil Zuidoost angelegt, der sowohl als Bildungsort für Kinder als auch als grüne Lunge in einem dicht bebauten Stadtteil dient. In Paris zielen Projekte wie der "Forêt Urbaine" darauf ab, die städtische Biodiversität zu steigern und gleichzeitig den Einwohnern Erholungsräume zu bieten.
In Großbritannien hat die Stadt Birmingham mehrere Tiny Forests als Teil ihrer Bemühungen zur Verbesserung der Luftqualität und zur Förderung der städtischen Biodiversität angelegt. Diese Wälder dienen als wichtige Ökosysteme und Erholungsorte inmitten der Stadt. In Deutschland hat sich nun auch Berlin dem Trend angeschlossen und plant, mehrere Tiny Forests zu schaffen, um die grüne Infrastruktur der Stadt zu stärken und die Lebensqualität der Bewohner zu verbessern. Den ersten Tiny Forest in Deutschland gab es allerdings in Bönningstedt in Schleswig-Holstein.