Meerwasserentsalzung: Retten wir so unsere Trinkwasserversorgung?
Laut Unicef haben rund 2 Millionen Menschen keinen regelmäßigen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Vor allem in Küstenregionen wird deshalb mithilfe von Entsalzungsanlagen Wasser aus den Meeren trinkbar gemacht. Ist diese Meerwasserentsalzung ein zukunftsfähiges Konzept?
Schon früh in der Schule lernen wir, dass mehr als zwei Drittel unseres Planeten mit Wasser bedeckt sind. Was viele jedoch nicht wissen: Nur ein Prozent davon ist trinkbar, denn der Anteil von Süßwasser am gesamten Wasserhaushalt liegt bei lediglich 3 Prozent – und von diesen 3 Prozent sind 70 Prozent unzugänglich, weil sie beispielsweise im Polareis gebunden sind. Die Idee Meerwasser zu entsalzen und damit trinkbar zu machen, ist also nur logisch. Immerhin gibt es davon mehr als genug. Obwohl es relativ unproblematisch klingt, hat die Meerwasserentsalzung in der Praxis allerdings ihre Tücken.
Mangelware: Trinkwasser
Trinkwasser ist ein knappes Gut. Schon heute hat ein Viertel der Menschheit keinen regelmäßigen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Und die Vereinten Nationen gehen davon aus, dass sich die Wasserknappheit weiter ausbreiten wird. Bereits im Jahr 2030 soll ein 40-prozentiges Defizit zwischen Trinkwasserangebot- und Nachfrage bestehen. Das liegt unter anderem daran, dass der weltweite Wasserverbrauch jährlich um einen Prozent steigt. Besonders betroffen von der Knappheit sind arme Länder. Doch auch Industrienationen wie Deutschland sind bedroht. Hierzulande gilt es deshalb, möglichst sparsam mit Trinkwasser umzugehen.
Anderenorts sind die natürlichen Vorkommen allerdings sehr viel geringer als in Europa. Israel etwa gilt zwar für mehrere Weltreligionen als Heiliges Land, mit Trinkwasser ist es durch seine niederschlagsarme Lage aber nicht gerade gesegnet. Dort ist man auf das Meer als Trinkwasserquelle angewiesen – ihm entspringen 80 Prozent des vor Ort verbrauchten Trinkwassers. Unter anderem weil angewandte Praxis Expertise verleiht, gilt Israel in Sachen Entsalzungstechnik als großer Vorreiter. Andere Regionen ziehen nach: Da in den USA seit 20 Jahren eine Megadürre herrscht, hat die Stadt San Diego im US-Bundesstaat Kalifornien ein ganzes Maßnahmenpaket geschnürt. Neben Sparanreizen für den Wasserverbrauch und Subventionen für die wassersparende Gartenumgestaltung zählte dazu der Bau einer der größten Wasserentsalzungsanlagen der Welt. Mit Erfolg, denn die Lage in der Küstenstadt hat sich im Vergleich zu vielen anderen Orten auf dem nordamerikanischen Kontinent mittlerweile gebessert. Doch wie kriegt man das Salz eigentlich aus dem Wasser?
Wie funktionieren Entsalzungsanlagen?
Die weitest verbreiteten Technologien zur Meerwasserentsalzung sind die thermische Entsalzung mittels Verdampfung und die sogenannte Umkehrosmose. Erstere ist schon seit Jahrhunderten gängige Praxis, wenn es darum geht, Meerwasser zu Trinkwasser zu verwandeln. Das Prinzip ist einfach: Man nutzt die Tatsache, dass sich Wasser vom Salz trennt, wenn es verdunstet. Das kondensierte Wasser wird aufgefangen und das Salz bleibt zurück. Bei der Umkehrosmose hingegen wird das Meerwasser quasi „gefiltert“. Es wird dafür mit Hochdruck durch Membranen gepresst, die das Wasser passieren lassen und das Salz zurückhalten. Die Funktionalität beider Systeme ist unumstritten. Als zukunftsfähige Lösung gegen den Trinkwassermangel gelten sie trotzdem nicht unbedingt – und das hat plausible Gründe.
Meerwasserentsalzung: Eine Umweltsünde?
Insbesondere die thermische Entsalzung, für die das Wasser in industriellen Anlagen erhitzt wird, ist extrem energieintensiv – und die verbrauchte Energie stammt zumeist aus fossilen Energieträgern. Solche Entsalzungsanlagen haben dadurch einen enorm großen CO₂-Fußabdruck. Die Umkehrosmose ist zwar sparsamer, aber auch bei ihr hat die Energieeffizienz ein Limit. Und wenn nicht gerade auf erneuerbare Energien gesetzt wird, bleibt das Problem des hohen CO₂-Ausstoßes bestehen. So absurd es klingen mag: Viele der heutigen Entsalzungsanlagen verschärfen perspektivisch den Trinkwassermangel, indem sie den Klimawandel anheizen.
Und das ist nicht der einzige Minuspunkt, der mit der Meerwasserentsalzung einhergeht. Eine weitere Herausforderung stellt die Entsorgung des Salzes dar, das in Form einer Salzlauge zurückbleibt, die zumeist mit Chemikalien belastet ist. Wird diese einfach zurück ins Meer geleitet, wie es aus Kosten- und Aufwandsgründen meist der Fall ist, belasten der hohe Salzgehalt und die Schadstoffe die Tier- und Pflanzenwelt rund um die Entsorgungsstelle. Dadurch sind ganze Ökosysteme gefährdet.
Neue Technologien auf dem Vormarsch
Vielerorts kommt man zukünftig aber nicht drumherum, das Meer als Trinkwasserquelle zu nutzen. Um einen Weg aus der Misere zu finden, setzt die Forschung auf neue, umweltschonende Technologien. Im Rahmen dessen werden entweder gänzlich neue Ansätze verfolgt, deren Entwicklung sich allerdings über Jahrzehnte ziehen könnte, oder aber versucht, die vorhandenen Methoden klimaneutral umzusetzen. Letzteres plant man zum Beispiel bei Saudi-Arabiens Megaprojekt NEOM. Wie auch der Rest des Vorhabens, zu dem unter anderem die Smart-City The Line gehört, soll die dort geplante, gigantische Entsalzungsanlage ausschließlich mit erneuerbaren Energien betrieben werden – ein guter Ansatz, gerade da die Golfstaaten gegenwärtig noch besonders viel Öl verfeuern, um das Meerwasser zu entsalzen. Allerdings sind damit längst nicht alle Probleme vom Tisch. Das Mittel zum Zweck ist dort die Umkehrosmose, und auch diese lässt bekanntlich die umweltschädliche Salzlauge zurück. Daran, was man mit dieser Sinnvolles anstellen könnte, anstatt sie gedankenlos ins Meer zurückzuleiten, wird ebenso fleißig geforscht.
Bis dafür eine Lösung gefunden wurde, könnte es noch eine Weile dauern. Man merkt: Die Meerwasserentsalzung ist zwar unabdingbar für die Zukunft aber noch nicht wirklich zukunftsfähig. Bleibt zu hoffen, dass die vielen Bemühungen um die Weiterentwicklung der Technologie schnell Früchte tragen.