KI-Architektur – zwischen Öko-Futurismus und seelenloser Dystopie
Künstliche Intelligenz ist absolutes Trendthema. Auch die Architekturbranche ringt um den Umgang mit der neuen Technologie. Aber was hat es auf sich mit KI-Architektur?
Mystische Schlösser in dystopischer Kulisse und minimalistische Glaskästen mitten im Dschungel: mit Hilfe von KI kann überall in Windeseile ein Gebäude nach den eigenen Vorstellungen gebaut werden – zumindest auf dem Bildschirm. Künstliche Intelligenz ist das Buzzword der Stunde in fast allen Branchen. Die einen sehen die Verwendung von intelligenten Maschinen als Chance, die anderen eher als Bedrohung. Die Angst davor, als Arbeitskraft überflüssig zu werden, ist groß. Auch kreative Berufe stehen KI oft kritisch gegenüber, darunter auch die Architekturbranche. Doch bietet KI in der Architektur auch immense Vorteile und Erleichterungen. Aber was ist dran am Wirbel um KI-Architektur?
Künstliche Intelligenz: Menschliche Maschinen
Plötzlich war der Begriff überall: Künstliche Intelligenz. Dabei ist KI älter, als man vielleicht vermuten würde. Bereits in den 1950er Jahren wurde der Begriff „künstliche Intelligenz“ von dem US-amerikanischen Informatiker John McCarthy geprägt. Gut zehn Jahre später wurde dann tatsächlich der erste Computer gebaut, der durch Versuch und Irrtum trainiert wurde. Bis heute hat sich künstliche Intelligenz jedoch enorm weiterentwickelt, wie zuletzt durch ChatGPT deutlich wurde. Aber was genau bedeutet eigentlich künstliche Intelligenz? Eine einheitliche Definition des Begriffs gibt es nicht. Im Zentrum künstlicher Intelligenz steht, dass Maschinen lernen, menschliche Fähigkeiten zu imitieren. Anhand von bereits vorhandenen Datensätzen üben Computer, Probleme zu lösen, logisches Denken und Kreativität. Damit sollen Menschen auf eine Maschine zurückgreifen können, die ihnen individuell ihre Fragen beantworten und nach ihren Bedürfnissen trainiert werden kann. Nicht alle stehen der Nutzung von KI-Programmen jedoch positiv gegenüber.
KI in der Architektur
Auch unter Architekten ist man sich nicht einig, was den Umgang mit KI angeht. Die Zeiten, in denen Architekten nur mit einem Stift und Geodreieck vor einem großen Blatt Papier sitzen, sind lange vorbei: Immer mehr Architekten machen sich die Vorteile von KI zu eigen und nutzen sie, um sich Inspirationen zu holen oder den Entwurfsprozess zu erleichtern. Denn KI-Architektur ermöglicht es Architekten unterschiedliche Parameter so zu ändern, wie es ihnen beliebt, ohne stundenlang ein neues Modell ausrechnen und bauen zu müssen. Das übernimmt der Computer mittels eines KI-Programms für sie. Mit solchen Programmen können nicht nur Architekten entlastet, sondern auch immersive Modelle geschaffen werden, die eine realistische und interaktive Darstellung von Projekten ermöglichen. Das macht es insbesondere bei der Präsentation für Kunden leichter, sich die Entwürfe vorzustellen. Auch für Architekten hat die Nutzung solcher Softwares Vorteile: Die KI kann schon bei der Erstellung des Modell Trends und Schwächen erkennen, wodurch dem Architekten die eigenhändige Datenanalyse erspart bleibt.
KI-Gebäude als Social Media Phänomen
Inzwischen gibt es ein großes Potpourri an Tools, die für KI-Architektur verwendet werden können. So werden mithilfe von KI-Programmen wie Midjourney oder Dall.E generative Designs kreiert, die als Inspiration dienen. Nicht nur Architekten verwenden solche Softwares, auch die breite Masse erfreut sich etwa durch die Erweiterung von ChatGPT an mehr oder weniger realistischen Architektur-Modellen. In den sozialen Medien verbreiten sich fotorealistische Renderings von KI-Architektur rasend schnell und sind teilweise kaum von echten Entwürfen zu unterscheiden. Der Architekt Tim Fu hat sich die Verwendung von KI in seinen Designs zum Markenzeichen gemacht und begeistert auf Instagram über 180.000 Menschen mit seinen kreativen Entwürfen. In seinem Feed sind die verrücktesten Gebäude zu finden: ein Haus in Form einer Ente, ein Wolkenkratzer gebaut wie ein Tannenzapfen und eine Wendeltreppe, die einer Harfe nachempfunden ist. Mit Hilfe von KI-Programmen möchte er seinen Followern zeigen, wie weit KI in der Architektur inzwischen gehen kann. Dabei greift die KI auf Bilder bereits existierender Gebäude zurück und zaubert daraus mit Hilfe von Anweisungen ein ganz neues Modell.
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Nachhaltiger bauen mit KI
Was bei solchen Entwürfen auffällt: Die KI verwendet oft Materialien, die ihr die Natur bereits zur Verfügung stellt. So sind KI-Häuser etwa in Bäumen, Felsen oder gar Unterwasser zu finden. Damit spuckt die KI auch Ideen abseits klassischer Architektur aus, auf die ein menschlicher Architekt eventuell gar nicht gekommen wäre. Solche Entwürfe sind meist aber noch fernab der aktuellen Realität. Wozu KI-Architektur jedoch jetzt bereits genutzt wird, ist etwa die Energieregulation in Gebäuden im Sinne eines Smart Homes. Ein KI-Programm kann den Energieverbrauch eines Gebäudes optimieren und somit zu einem geringeren Verbrauch von Ressourcen beitragen. Bereits vor der Konstruktion kann mit Hilfe von KI berechnet werden, welche Materialien einen geringen Energieverbrauch aufweisen und wie der Bauprozess mit Blick auf Nachhaltigkeit optimiert werden kann.
Die Grenzen von KI in der Architektur
KI-Architektur scheint also einen echten Boom zu erleben: effizienter, ideenreicher und nachhaltiger soll man dank neuster Technologien bauen können. Doch hat die Verwendung von KI in der Architektur auch ihre Grenzen. So bleiben bei KI generierten Entwürfen emotionale Faktoren zum Großteil außenvor, obwohl Gefühle und soziale Gegebenheiten eine wichtige Rolle im Bau von Gebäuden spielen – schließlich sollen dort Menschen leben und sich wohlfühlen. Eine KI kann zwar schön aussehende Entwürfe kreieren, hat aber kein Raumgefühl und kann nur bedingt gesellschaftliche Diskurse und Prozesse berücksichtigen. Außerdem ist Architektur Kunst, bei welcher menschliche Ideen, Emotionen und Gedanken eine essenzielle Rolle spielen. Deshalb wird KI zwar oft zur Inspiration verwendet, aber weiterhin von menschlichen Architekten eingeordnet, überprüft und hinterfragt. Der Interior Designer Fabian Freytag beschreibt das Potential von KI in Design und Architektur im Interview mit dem AD-Magazin etwa so: „Vielleicht kann uns KI ja dabei helfen den Traum von etwas darzustellen, weniger das Ergebnis selbst“.
Ob KI-Architektur in Zukunft wirklich eigenständig ohne menschliche Supervision genutzt wird, bleibt fraglich. Bis dahin, werden weiterhin ausgebildete Architekten benötigt, die Häuser von Menschen für Menschen bauen.