Beheizte Radwege: Was soll das bringen?
In den Niederlanden werden beheizte Radwege bereits seit Jahren getestet. Nun hat auch in Tübingen die erste Fahrradbrücke mit Beheizung eröffnet. Was bringt diese neue Technik?
Wer hört, dass neuerdings Radwege beheizt werden, mag dahinter Energieverschwendung oder unnötigen Luxus vermuten. Tatsächlich gewinnt die Idee dahinter allerdings immer mehr an Bedeutung – und sie ist alles andere als verschwenderisch. Vor allem in Zeiten, in denen umweltfreundliche Mobilität und Klimaschutz immer stärker in den Fokus rücken, zeigen Beispiele aus den Niederlanden und jüngst auch aus Tübingen, wie innovative Beheizungskonzepte das Fahrradfahren revolutionieren können.
Vorreiter Niederlande: Sicherheit und Komfort im Winter
Die Niederlande – ein Land, in dem es mehr Fahrräder als Einwohner gibt – setzen bereits seit Jahren auf beheizte Radwege. In der Provinz Utrecht wurde 2014 der erste Pilotversuch mit einem beheizten Radweg unternommen. Die Ergebnisse waren so überzeugend, dass die Technologie inzwischen in mehreren Städten im Land getestet und ausgebaut wird.
Der Ansatz ist simpel: Beheizte Radwege sollen verhindern, dass sich im Winter Schnee und Eis auf den Strecken bilden und so die Sicherheit der Radfahrer erhöhen. Da viele Menschen in den Niederlanden auch im Winter auf das Fahrrad setzen, kommt es jährlich zu einer Vielzahl von Unfällen auf vereisten oder schneebedeckten Wegen. Die Beheizung der Radwege senkt nicht nur die Unfallzahlen, sondern erhöht auch den Komfort und die Attraktivität des Radfahrens im Winter. Die Idee ist also ein echter Game-Changer, sowohl in puncto Verkehrssicherheit als auch in Bezug auf Nachhaltigkeit.
Die Technologie hinter den beheizten Radwegen besteht meist aus in den Asphalt eingelassenen Rohren, durch die warmes Wasser oder eine andere wärmespeichernde Flüssigkeit zirkuliert. Das Wasser kann beispielsweise aus geothermischen Quellen stammen, was das System besonders nachhaltig macht. In einigen Regionen wird auch auf Solarenergie oder auf Abwärme von nahegelegenen Fabriken gesetzt, um den Betrieb der Heizungen klimaneutral zu gestalten.
Tübingen: Ein mutiger Schritt in Deutschland
In Deutschland, wo der Ausbau der Radinfrastruktur vielerorts nur schleppend vorankommt, setzt die Universitätsstadt Tübingen ein wichtiges Zeichen. Im Oktober 2024 wurde dort eine beheizte Fahrradbrücke eröffnet, die nicht nur in ihrer Funktion, sondern auch in ihrer Symbolkraft für klimafreundliche Mobilität überzeugt. Die Brücke, die Teil eines umfassenden Fahrradnetzwerks ist, überquert den Neckar und stellt sicher, dass Radfahrer auch bei kalten und nassen Wetterbedingungen sicher und bequem ans Ziel kommen. Im nächsten Jahr sollen in Tübingen vier weitere beheizte Brücken in Betrieb genommen werden.
Die 16 Millionen Euro teure Tübinger Brücke verwendet, ähnlich wie die niederländischen Radwege, eine unterirdische Heiztechnik. Dabei wird die Wärme umweltschonend durch Ökostrom gewonnen. Die Stadt erhofft sich von dem Projekt, dass es nicht nur mehr Menschen dazu ermutigt, auch im Winter aufs Fahrrad zu steigen, sondern auch eine Blaupause für andere Städte und Kommunen bietet.
Die Vorteile beheizter Radwege im Überblick
Der wohl offensichtlichste Vorteil beheizter Radwege ist die Sicherheit der Verkehrsteilnehmenden im Winter. Doch auch abgesehen davon bringen sie mehrere Vorteile mit sich. So ermöglichen sie es den Menschen beispielsweise, auch im Winter das Fahrrad zu nutzen, ohne sich um Schnee und Eis sorgen zu müssen. Dadurch wird das Fahrrad als Verkehrsmittel das ganze Jahr über attraktiv gehalten, was den Autoverkehr reduzieren und die Luftqualität verbessern kann.
Werden die Radwege mit Strom aus nachhaltigen Energiequellen betrieben, ist der ökologische Fußabdruck solcher Systeme gering, besonders im Vergleich zur Nutzung von Autos im Winter. Das ist gut für die Umwelt. Gleichzeitig können beheizte Radwege langfristig Kosten sparen. Weniger Unfälle bedeuten geringere Ausgaben für das Gesundheitssystem, und die Kommunen können sich den Einsatz von Streusalz und Schneeräumfahrzeugen zumindest teilweise sparen. Dass kein Streusalz verwendet wird, das den Stahl angreift, trägt zudem zur Langlebigkeit der Brücken bei.
Beheizte Radwege sind aufgrund ihrer zahlreichen Vorteile mehr als nur ein technisches Experiment. Die Erfahrungen aus den Niederlanden und jüngst aus Tübingen zeigen, dass sie eine echte Lösung für winterliche Verkehrsprobleme bieten können. Wenn sich mehr Städte für diese Technologie entscheiden, könnte sie zu einem Schlüsselwerkzeug für nachhaltige, ganzjährige Mobilität werden.