Oodi-Bibliothek in Helsinki: Lesen und Leben
Die Pisa-Studie hat es gezeigt: Die Finnen haben die Deutschen in Sachen Lese- und Schreibkompetenz längst abhängt. Woran das liegen könnte, zeigt zum Beispiel das neue Leuchtturmprojekt Oodi in Helsinki. Denn hier wurde das Konzept Bibliothek für das 21. Jahrhundert neu erfunden.
Die Finnen sind lese- und buchversessen. In Finnland werden pro Jahr mehr als 20 Millionen Bücher verkauft, obwohl sie teuer sind. Durchschnittlich vier Bücher kaufen die Finnen im Jahr – und da sind Kinder schon mitgerechnet. Und die Liebe der Finnen zum Buch führt auch dazu, dass sie überall im Land verfügbar sind.
Hunderte Bibliotheken in Finnland
In jeder Gemeinde gibt es mindestens eine Bibliothek. Hunderte Einrichtungen im ganzen Land, mobile Bibliotheksbusse und sogar ein Bibliotheksschiff versorgen die Finnen. Zwei von fünf leihen sich mehr als einmal im Monat ein Buch aus.
Nun setzt die Zentralbibliothek in Finnlands Hauptstadt neue Maßstäbe. Oodi heißt das faszinierende Projekt, der Name bedeutet so viel wie Ode. Die Bibliothek befindet sich im Herzen Helsinkis. Dort ist sie Teil eines architektonischen Ensembles, zu dem das Kiasma-Museum für zeitgenössische Kunst, das Parlament und der Hauptbahnhof gehören. Für die Architekten von ALA ist das ein Ritterschlag. Das Büro wurde bereits 2005 von vier jungen finnischen Architekten gegründet. Doch Oodi ist der erste große Auftrag für die Gestalter.
Ein Blick auf den Grundriss des Gebäudes zeigt, wie viele Funktionen die Bibliothek in sich vereint. Die oberste, dritte Etage beherbergt den traditionellen Bibliotheksraum. In dem 45.000 Quadratmeter großen, offenen und lichtdurchfluteten Saal stehen rund 100.000 Bücher. Gesonderte Lesebereiche schaffen Ruhezonen für die entspannte Lektüre. Der Raum ist auch als Treffpunkt gedacht, an dem die Besucher miteinander spielen oder den Ausblick auf die Stadt genießen. „Buch Himmel“ nennen die Architekten dieses Geschoss.
Oodi bietet vielen Tätigkeiten Raum
Der zweite Stock richtet sich an die Kreativen. Hier stehen den Besuchern Studios, Musikräume, Medienräume und ein Makerspace mit 3D-Druckern, Nähmaschinen und anderen Geräten zur Verfügung. Riesige Touchscreens stellen virtuelle 3D-Inhalte zur Verfügung.
Im Erdgeschoss schließlich befinden sich Café, Restaurant, Kino und Infopunkte. Das Untergeschoss der Bibliothek ist eher funktional: Die großzügig bemessenen Sanitärräume stehen auch den Besuchern von Großveranstaltungen im angrenzenden Park zur Verfügung.
Und auch das statische Konzept von Oodi ist spannend. Wie eine asymmetrische Brücke ruht das Gebäude auf zwei massiven Stahlbögen. So vermeiden die Architekten störende Säulen in den Innenräumen und ermöglichen eine weitaus flexiblere Nutzung. Für das Gesamtkonzept hat die Internationale Vereinigung bibliothekarischer Verbände und Einrichtungen (IFLA) Oodi nun als beste öffentliche Bibliothek ausgezeichnet.