Frau der kühnen Kurven: Zum Tod von Zaha Hadid
Sie gewann als erste Frau den wichtigsten Architekturpreis der Welt und begeisterte mit gewagten Entwürfen, zackigen Kanten und geschwungenen Formen. Am Donnerstag ist die britisch-irakische Stararchitektin Zaha Hadid im Alter von 65 Jahren gestorben.
Auf dem noch immer von Männern dominierten Gebiet der Architektur wurde Zaha Hadid allein schon als Frau zu einer beinahe exotischen Ausnahmeerscheinung. Um so weit zu kommen, musste die 1950 in Bagdad geborene und mit Anfang 20 zum Studium nach London ausgewanderte Hadid einen langen Atem beweisen: Viele ihrer frühen Entwürfe konnten die Bauherren nicht überzeugen, zu gewagt schienen ihre Ideen, zu schwierig umzusetzen.
Das erste Gebäude Hadids, das ab 1987 tatsächlich gebaut wurde, steht noch heute in Berlin - doch die Architektin schien sich regelrecht dafür zu schämen. Das vergleichsweise unauffällige Geschäftshaus mit Wohnhochhaus in der Stresemannstraße ließ Hadid aus ihrem Werkverzeichnis löschen. Wohl auch, weil der Entwurf vor der Umsetzung stark verändert und damit in seiner Radikalität abgeschwächt worden war.
Ein paar Jahre später zeigte Hadid mit dem Feuerwehrhaus für die Möbelfirma Vitra im süddeutschen Weil am Rhein, was ihr wirklich vorschwebte: schiefe Ebenen, schroffe Kanten und eine Architektur, die sich mehr an der abstrakten, suprematistischen Malerei Kasimir Malewitschs orientierte als am konkreten Gebrauchswert. Hadid galt als wichtige Vertreterin des Dekonstruktivismus, in einem Atemzug genannt mit männlichen Kollegen wie Daniel Libeskind oder Frank O. Gehry.
Es sollte aber bis ins neue Jahrtausend dauern, bis der Stern Zaha Hadids so richtig aufging. Doch dann produzierten sie und ihr Büro, das auch einen Sitz in Hamburg hat, in kurzen Abständen aufsehenerregende Bauwerke: das Zentralgebäude des BMW-Werks in Leipzig und das Science Center phæno in Wolfsburg, das Kunstmuseum MAXXI in Rom, das Galaxy Soho in Peking sowie ein Opernhaus in Guangzhou. Auch Sportstätten schuf die Wahlbritin gerne und häufig: etwa eine Skisprungschanze in Innsbruck oder eine Wassersportarena in London. Auch für ein WM-Stadion in Katar entwickelte Hadid einen Entwurf - und erntete dafür einige Kritik.
Aus den Kanten der ersten Jahre wurden dabei zunehmend weichere, fließende Formen. Immer aber waren die Entwürfte echte Hingucker, originell für den Betrachter und für die Bauherren wegen ihrer komplizierten Statik mitunter nur mühevoll in die Realität zu übertragen. Für Zaha Hadid, die sich erst nach einem abgebrochenen Mathematik-Studium der Architektur zugewandt hatte, hagelte es zuletzt jährlich internationale Auszeichnungen.
Das Highlight war dabei im Jahr 2004 der Pritzker-Preis, der als "Nobelpreis der Architektur" gilt und nie zuvor an eine Frau vergeben worden war. Am vergangenen Donnerstag ist Zaha Hadid in Miami an einem Herzinfarkt gestorben.
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