Die Rückkehr des KaDeWe: Neue Rolltreppen lassen die Kunden von einer Wunderwelt zur nächsten schweben
Mehr als eine technische Anlage: Rolltreppen stiften Identitäten und verbinden Menschen und Welten – wie jüngst die Architekten von OMA im Berliner KaDeWe beweisen.
Freunde der vertikalen Mobilität wissen es: Treppen – zumal rollende – verbinden mehr als Stockwerke. Sie bringen Menschen zusammen und fördern die Kommunikation. Sie sind die technischen Nachfahren der Ströme, an denen sich Handel entwickelt und ferne Länder Kurioses und Wichtiges verkaufen. Gerade in Berlin spielen Rolltreppen eine wichtige Aufgabe – wie Torsten Körner 2018 in seinem wunderbaren Beitrag Berlins Rolltreppen: Im Dauerlauf im Tagesspiegel geschrieben hat.
So ist es auch und wieder im KaDeWe, einem der spektakulärsten Tempel des Handels auf dieser Welt.
Das KaDeWe steht für das Ungewöhnliche und Luxuriöse
Das KaDeWe war schon immer etwas Besonderes. Mit der Eröffnung 1907 bot das Kaufhaus des Westens, kurz „KaDeWe“, eine Vielzahl von seltenen und für die Kundschaft oft unbekannten Produkten. Dazu kam eine begeisternde Architektur: prächtige Fensterfassaden, lichtdurchflutete Verkaufshallen über mehrere Etagen und holzgetäfelte Erfrischungsräume.
Binnen weniger Jahre stieg das KaDeWe zu einem der großen Konsumtempel in Deutschland auf. Diese Position hat das Haus auch heute noch inne. Allerdings nun als internationaler Department Store, der auf mehr als 60.000 Quadratmetern Verkaufsfläche internationale Designer und höchstklassige Marken anbietet.
Umbau des KaDeWe Berlin basiert auf einem 4-Quadranten-Konzept
Nun will sich das Kadewe etwas mehr Hoheit über das eigene Haus und die eigene Identität zurückgewinnen – und setzt dabei auf Hilfe von außen. Seit 2016 wird das KaDeWe grundlegend neu strukturiert. Mehrere Jahre dauert der Umbau, den Architekt Rem Koolhaas und sein Büro OMA verantworten.
Das OMA-Team unter der Projektleitung von Ellen van Loon hat nun über alle sechs Etagen des Hauses ein neues 4-Quadranten-Konzept gelegt. Diese vier Quadranten richten sich nach den vier Eingängen des Hauses und ziehen sich über alle Etagen. Nach und nach werden die Quadranten im laufenden Betrieb umgebaut und neu gestaltet. Am Schluss sollen 24 Lifestyle-Welten existiere, die sich durch Architektur und Sortimentsgestaltung differenziert. Sowohl horizontal als auch vertikal schweben die Kunden durch eine Wunderwelt nach der anderen.
Rolltreppen verleihen dem KaDeWe eine neue Identität
„Gleichzeitig müssen die Elemente, die wir einfügen, so stark sein, dass sie die Identität des Hauses bilden und in der ganzen Heterogenität nicht untergehen. Das werden vor allem die Rolltreppen sein“, sagt Ellen von Loon, Parterin bei OMA, kürzlich einem Interview mit Architectural Digest.
So entfaltet sich der erste Quadrant, der nun eröffnet wurde, um einen konzentrischen Hohlraum, der an der Basis sowohl als Einzelhandels- als auch als Veranstaltungsfläche in Verlängerung des Haupteingangs an der Tauentzienstraße dient. Die neue Rolltreppe im hinteren Teil des Gebäudes schraubt sich spiralförmig in die Höhe – daher ihr Name: The Spiral.
Zelebrierung der Vertikalen
Das Besondere an dieser Treppe ist, dass sie ineinander gedreht ist. Benutzt man die Rolltreppe konsequent von der 1. bis zur 6. Etage, kommt man immer an einem anderen Punkt heraus.
In zwei Jahren sollen auch die anderen Quadranten eröffnet haben. Für das KaDeWe die Möglichkeit, jenseits der Waren wieder eine eigene Identität zurück zu gewinne. Das KaDeWe wird wieder zum KaDeWe. Dank der Rolltreppen gewinnt das Kaufhaus vertikale Identität zurück. „Wenn sich in diesen Diagonalen die Hinauf- und die Herab-Strömenden begegnen, dann ist das schon ein kleiner magischer Moment“, sagt Ellen von Loon. „Statt diesen Moment rein technisch zu organisieren, wie es in den meisten Kaufhäusern geschieht, schlagen wir vor, ihn zu zelebrieren und zu genießen.“