
DDR-Architektur: Ikonen der Ostmoderne und ihr Erbe heute
Die DDR-Architektur der Ostmoderne ist viel mehr als Plattenbauten. Zwischen futuristischen Schalenbauten, eindrucksvollen Hochhäusern und denkmalgeschützten Wahrzeichen zeigt sich eine Epoche, die Kunst und Funktionalität vereint.
Von der Mitte der 1950er- bis zum Ende der 1980er-Jahre erlebte die DDR eine architektonische Blütezeit: die Ostmoderne. Wurden zuvor Gebäude noch traditionell im dekorativen „Zuckerbäckerstil“ errichtet, nahm man nun Abschied vom Prunk. Doch in der darauffolgenden Epoche entstand mehr als nur der Plattenbau. Oft unterschätzt und manchmal kontrovers diskutiert, verkörpert die Ostmoderne den Versuch, ein eigenständiges, sozialistisches Bauwesen zu schaffen. Wie sieht das aus?
Die Philosophie der DDR-Architektur
Die Ostmoderne war geprägt von einer klaren Ideologie: Funktionalität und soziale Gerechtigkeit sollten ästhetisch kombiniert werden. Anders als im Westen wurde im Osten Beton zum kreativen Medium. Architekten schufen Gebäude, die bis heute durch klare Linien und innovative Raumkonzepte beeindrucken.

Eines der bekanntesten Bauwerke ist das Kino International in der Karl-Marx-Allee in Berlin. 1963 eröffnet, vereint es minimalistische Eleganz mit futuristischen Elementen. Die Glasfassade und der monumentale Foyerbereich machen es zu einem Symbol der DDR-Kultur. Seit 1990 steht es unter Denkmalschutz und dient als Veranstaltungsort für die Berlinale – ein Beweis für seinen kulturellen Wert. Auch das gegenüberliegende Café Moskau ist ein prägnantes Beispiel für die Architektur der Ostmoderne.
Die Ästhetik des Plattenbaus
Plattenbauten sind Synonym und Stereotyp der DDR-Architektur. Doch jenseits der Klischees zeigt sich eine erstaunliche Vielfalt: Typen wie der WBS 70 waren modular und passten sich urbanen Anforderungen an. Auch heute sind viele dieser Bauten modernisiert und gefragt – ein Revival, das auf ihrer robusten Bauweise basiert.

Einige Plattenbauten, beispielsweise in der Spandauer Vorstadt in Berlin Mitte, sind inzwischen denkmalgeschützt. Sie stehen für das gesellschaftliche Experiment der DDR und erinnern an die Vision, Wohnraum für alle zu schaffen.
Ulrich Müther: Der Meister der Schalenbauten
Dass DDR-Architektur auch ganz anders aussehen kann als die „Platte“, beweisen die futuristischen Schalenbauten von Ulrich Müther. Besonders auf der Insel Rügen hinterließ Müther beeindruckende Spuren. Sein bekanntestes Werk, der „Teepott“ in Warnemünde, besticht durch seine geschwungene Dachkonstruktion, die Eleganz und technische Raffinesse vereint. Auf Rügen selbst finden sich Bauwerke wie das „Kurmuschel“-Konzertpavillon in Sassnitz und die Rettungsstation von Binz, die als architektonische Meisterwerke gelten.

Müther nutzte dünnwandigen Beton und innovative Bauweisen, um Formen zu schaffen, die bis heute einzigartig wirken. Diese Gebäude, teils unter Denkmalschutz, sind nicht nur Wahrzeichen der Ostmoderne, sondern auch Symbole für das visionäre Denken eines DDR-Architekten, der seiner Zeit weit voraus war.
Zwischen Erhalt und Abriss
DDR-Architektur steht im Spannungsfeld zwischen Erhalt und Abriss. Einige Bauten der Ostmoderne wurden in den Jahren nach der Wende abgerissen. Historikern zufolge hängt diese Entwicklung damit zusammen, dass man das Ende der sozialistischen Herrschaft auch im Stadtbild verdeutlichen und ihre Wahrzeichen entfernen wollte.

Eine Garantie für den Erhalt der DDR-Bauten gibt es noch immer nicht. Selbst Gebäude wie das Generalshotel am Berliner Flughafen Schönefeld, das noch gut erhalten war und bereits seit 1995 unter Denkmalschutz stand, wurde zu Beginn des Jahres 2024 abgerissen. Und das, obwohl sich alle Fraktionen des Brandenburger Landtags für den Erhalt des Gebäudes einsetzten und zahlreiche Architekten und Denkmalschützer aus der Region Protest erhoben.
Doch nicht alle Gebäude der Ostmoderne sind der Abrissbirne zum Opfer gefallen. Der Denkmalschutz hat es sich zur Aufgabe gemacht, bedeutende Werke zu beschützen – darunter fallen auch solche der Ostmoderne. Initiativen wie die „Ostmoderne e.V.“ setzen sich ebenfalls dafür ein, das architektonische Erbe zu erhalten. Sie wollen die Bauten der Ostmoderne nicht nur als Zeugen der Zeit, sondern auch als Inspirationsquelle für die Gegenwart betrachten und sich für den Erhalt der Identität und Erinnerung von DDR-Kultur einsetzen.