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Das James-Webb-Weltraumteleskop fliegt 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt im Weltall. Abbildung: NASA GSFC/CIL/Adriana Manrique Gutierrez
Das James-Webb-Weltraumteleskop fliegt 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt im Weltall. Abbildung: NASA GSFC/CIL/Adriana Manrique Gutierrez

Reise durch Raum und Zeit mit dem James-Webb-Teleskop

Nach über 20 Jahren Forschung schickte das James-Webb-Teleskop im letzten Jahr erste Bilder zur Erde. Es ist der Anfang einer außergewöhnlichen Reise durch Raum und Zeit.

Das größte Weltraumteleskop aller Zeiten

Das James-Webb-Teleskop ist im Grunde ein Fernglas. Ein besonderes Fernglas. Es ist das größte Weltraumteleskop der Menschheit: Mit einer Fläche von rund 25 Quadratmetern ist es mehr als sechsmal so groß wie das Hubble-Weltraumteleskop. Und es ist eine Zeitmaschine. Denn je weiter das Teleskop ins All blickt, desto weiter geht es auch in die Vergangenheit. Dabei sind die Fragen, die das Teleskop den Forschern beantworten soll, die vielleicht wichtigsten der Menschheit: Woher kommen wir? Wie ist aus den Molekülen, Sternen, Galaxien, Schwarzen Löchern und Planeten in unserem Universum, Leben entstanden? Und könnte woanders ebenfalls Leben entstanden sein?

Die Entwicklung für das Weltraumteleskop begann bereits 1996. Am 25. Dezember 2021, also ein Vierteljahrhundert später, wurde es dann endlich durch die NASA, ESA und CSA vom Raumfahrtzentrum Guayana in Französisch-Guayana ins Weltall geschossen. „An Bord dieser Rakete sind die Hoffnungen und Träume von Zehntausenden Wissenschaftlern, die von den Erkenntnissen dieser Mission profitieren werden“, sagte NASA-Wissenschaftsdirektor Thomas Zurbuchen wenige Minuten vor dem Start. Bis der Start glückte, verschlang die Entwicklung rund neun Milliarden Euro – weit mehr als geplant. Ursprünglich war man von 500 Millionen Euro ausgegangen. 2007 hätte es eigentlich starten sollen, aber immer wieder kam es zu Missgeschicken. Um sicherzugehen, dass nicht auch ein anderes Bauteil Schaden genommen hat, wurde das gesamte Teleskop jedes Mal wieder auseinandergenommen. Am Ende gehört das JWST zu den teuersten Projekten in der Geschichte der unbemannten Raumfahrt. Entsprechend nervös waren die Projektleiter und Entwickler beim Start und der „Ausfahrphase“ im All. 

Die Konstruktion des James-Webb-Teleskop war eine technische Meisterleistung. Foto: NASA/MSFC/David Higginbotham/Emmett Given____
Die Konstruktion des James-Webb-Teleskop war eine technische Meisterleistung. Foto: NASA/MSFC/David Higginbotham/Emmett Given

James-Webb-Teleskop schwebt am Lagrange-Punkt L2 um die Erde

Nach einem Monat erreichte das Teleskop seinen vorgesehenen Platz im All: den Lagrange-Punkt L2. 1,5 Millionen Kilometer von der Erde entfernt, fliegt das Teleskop dort an einer Stelle. Die Anziehungskraft zwischen Sonne und Erde ist an diesem Punkt exakt so groß wie die Fliehkraft des Teleskops. Von der Erde aus betrachtet, steht es quasi still. Es bewegt sich zusammen mit der Erde um die Sonne und wird vom Erdschatten vor den Lichtstrahlen der Sonne geschützt – ein weiterer wichtiger Aspekt, denn die Instrumente funktionieren am besten bei einer Temperatur von -233 Grad Celsius. Selbst kleinste Wärmequellen stören die Aufnahmen, die nicht das sichtbare Licht messen, sondern Infrarotstrahlung. In diesem Bereich des Lichtspektrums lassen sich Hinweise auf Wasser oder Methan besser erkennen.

Montage des James-Webb-Teleskops erst im Weltall

Da es für die Raketentechniker nicht möglich war, einen Spiegel dieser Größe in einem Stück ins All zu transportieren, wurde er in 18 kleinere Segmente mit einem Durchmesser von jeweils 1,3 Metern zerlegt. Im Weltall mussten diese dann präzise zusammengefügt werden, was etwa einen Monat dauerte. Mit einer Genauigkeit, die schwer zu fassen ist: 50 Nanometer, dem Tausendstel Durchmesser eines menschlichen Haars. Man kann das mit einer Satellitenschüssel vergleichen. Je größer die Schüssel, desto sensibler und präziser können Signale, in dem Fall Infrarotstrahlen, empfangen werden. Es klappte trotz eines dramatischen Zwischenfalls: Mehrere Mikrometeoriten hatten das Teleskop getroffen und ein Segment des Spiegels beschädigt. Mit solchen meist unter einem Millimeter großen Sternenstaubstücken hatte man gerechnet, immerhin landen diese auch tonnenweise auf der Erde, doch ein Teilchen war größer als erwartet. Der Schaden des Einschlags übertraf Annahmen um den Faktor 120. Glücklicherweise konnte dieser aber ausgeglichen werden. Algorithmen rechnen den Fehler heraus. Es sollte nur nicht alsbald erneut passieren. Solche Fehler lassen sich nicht unbegrenzt ausgleichen.

Älteste Galaxie des Universums entdeckt: GLASS-z13

Aktuell übertreffen die ersten Ergebnisse die Erwartungen. Am Montag, dem 11. Juli 2022, enthüllte US-Präsident Joe Biden das erste Bild des James-Webb-Weltraumteleskops: Eine „Deep-Field“-Aufnahme des Galaxiehaufens SMACS 0723, fast fünf Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernt. Doch das Teleskop kann sogar noch weiter ins All blicken. GLASS-z11 und GLASS-z13 sind die bislang am weitesten entfernten Galaxien, die von Forschern mithilfe des Teleskops entdeckt wurden – 13,4 Milliarden Lichtjahre entfernt. Zugleich blickt das Teleskop 13,4 Milliarden Jahre in die Vergangenheit. Viel weiter ist es physikalisch nicht möglich, denn der Urknall hat vor etwa 13,8 Milliarden Jahren stattgefunden. Die vom Teleskop entdeckten Galaxien entstanden also bereits kurz nach dem Urknall, dem Beginn von Raum und Zeit. Davor gab es nach bisherigen Erkenntnissen keine Sterne und Planeten.

Das James-Webb-Teleskop lässt die "Säulen der Schöpfung" in neuem Glanz erstrahlen. Zwar wurde die 7.000 Lichtjahre entfernte Sternenformation im Adlernebel erstmals schon 1995 vom Hubble-Weltraumteleskop aufgenommen, doch noch nie waren die Bilder so eindrucksvoll. Abbildung: NASA, ESA, CSA, STScI
Das James-Webb-Teleskop lässt die "Säulen der Schöpfung" in neuem Glanz erstrahlen. Zwar wurde die 7.000 Lichtjahre entfernte Sternenformation im Adlernebel erstmals schon 1995 vom Hubble-Weltraumteleskop aufgenommen, doch noch nie waren die Bilder so eindrucksvoll. Abbildung: NASA, ESA, CSA, STScI

Das James-Webb-Teleskop schaut aber nicht nur bis zum Beginn des Universums, sondern auch auf mögliche bewohnbare oder gar bewohnte Exoplaneten im All. Der erste Exoplanet, der mithilfe des Weltraumteleskops entdeckt wurde, trägt den Namen LHS475b und hat zufällig 99 Prozent des Durchmessers der Erde. LHS 475b ist rund 41 Lichtjahre von der Erde entfernt. Aufgrund seiner Nähe zur Sonne dürfte er jedoch zu heiß für Leben sein. Das Beispiel zeigt aber bereits, welche fantastischen Möglichkeiten das Teleskop für die Planetenforschung bietet. Denn die Suche nach weiteren erdähnlichen Planeten kann nun noch gezielter weitergehen.

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