Höchste Wellen der Welt: Big-Wave-Surfing an der portugiesischen Küste
Beim Gedanken an hohe Wellen und Surfen kommen den Meisten vermutlich zuerst Hawaii, Kalifornien oder Australien in den Sinn. Die höchsten Wellen der Welt findet man aber in Europa – und zwar vor der portugiesischen Küste.
Nazaré: Mekka des Big-Wave-Surfens
Etwa 100 Kilometer nördlich von Portugals Hauptstadt Lissabon, direkt am atlantischen Ozean, liegt Nazaré. Mit gerade mal 10.000 Einwohnern ist das Küstenstädtchen eher unscheinbar. Bis vor wenigen Jahren war es wohl nur den Wenigsten bekannt – und wenn, dann höchstens als Urlaubsziel im Sommer oder als alter Fischerort. Im Jahr 2011 ändert sich dies schlagartig. Damals ritt der Big-Wave-Surfer Garrett McNamara dort eine 24 Meter hohe Monsterwelle – ein Weltrekord, mit dem er Nazaré von einem Tag auf den anderen samt Ausrufezeichen auf die Landkarte aller Surfbegeisterten setzte. Seitdem gelten die Brecher am örtlichen Praia do Norte als höchste Wellen der Welt und die Ortschaft als erster Anlaufpunkt auf der Jagd nach neuen Surfrekorden.
Weltrekord: Deutscher Surfer bezwang die bisher höchste Welle der Welt
Besonders erfolgreich auf dieser Mission war zuletzt der deutsche Big-Wave-Surfer Sebastian Steudtner. Am 29. Oktober 2020 surfte er vor Nazaré eine 26,21 Meter hohe Welle und stellte damit einen neuen Weltrekord auf. Die 2011 erzielte Bestleistung von Garrett McNamara war zu diesem Zeitpunkt schon mehrfach übertroffen worden. Auch die höchste jemals von einer Frau gesurfte Welle baute sich vor den Klippen des Praia do Norte auf. Am 11. Februar 2020 beendete die Brasilianerin Maya Gabeira erfolgreich ihren Ritt auf einer 22,40 Meter hohen Welle. Dass der Surfspot auch gefährlich werden kann, musste sie am eigenen Leib erfahren. Nachdem Gabeira vom „Biest“, wie Einheimische die Welle nennen, bei einem Sturz verschluckt wurde, musste sie am Strand wiederbelebt werden – zum Glück erfolgreich. Tragischer endete ein Sturz ihres Landsmannes Márcio Freire, der im Januar 2023 als erster Surfer in Nazarés Riesenwellen ums Leben kam.
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Die höchsten Wellen der Welt: Ein Unterwassercanyon als Ursache
Andere Big-Wave-Surfer trauern zwar um ihren Mitstreiter, lassen sich von seinem Unglück aber kaum abschrecken und lauern vor Ort weiter auf die höchsten Wellen der Welt. Doch warum entstehen diese ausgerechnet vor dem Strand von Nazaré? Die Antwort ist mittlerweile unumstritten: Vor Portugal befindet sich ein gigantischer Unterwassercanyon, der bei Nazaré auf die Küste trifft. Dieser ist mehr als 200 Kilometer lang und bis zu 5.000 Meter tief. Kommt es auf dem Atlantik zu Stürmen, setzen diese gewaltige Wassermassen in Bewegung, die Richtung Festland strömen. Über den Tiefen der im Ozean verborgenen Schlucht bewegt sich das Wasser schneller als auf dem flachen Meeresboden. Treffen die Wellen auf den Canyonrand kurz vor dem Praia do Norte, werden sie abrupt gestoppt, was dazu führt, dass sich die Energie in die Höhe entlädt und die Wassermassen sich auftürmen. Das Aufeinandertreffen mit den kleineren Wellen im Flachwasser und eine entgegenkommende Küstenströmung sorgen dafür, dass die Wellen weiterwachsen. Das Ergebnis lässt die Meisten schon beim Zuschauen erschaudern: Gigantische Wasserberge, die so groß sind, dass Surfer von einem Jetski in die brechenden Wellen gezogen werden müssen.
Wie hoch können die Wellen werden?
Die Maximalhöhe, da sind sich die Experten einig, wurde noch nicht erreicht. Wellenhöhen von bis zu 30 Metern gelten als wahrscheinlich. Sebastian Steudtner bereitet sich mithilfe seiner Sponsoren gerade sogar darauf vor in Nazaré auf einer 50-Meter-Welle zu surfen. Diese wäre dann fast doppelt so hoch, wie seine bisherige Rekordwelle. Der Star des Big-Wave-Surfings hofft, dass er innerhalb der kommenden zwei Jahre ein solches Ungetüm unter die Füße bekommt. Laut den Berichten einiger Seeleute, gab es derart große Wellen in der Vergangenheit bereits vor der portugiesischen Küste.
Ein neuer Touristenmagnet für Portugal
Nazaré ist längst nicht mehr so unscheinbar, wie es einst war. Seitdem das Küstenstädtchen für die höchsten Wellen der Welt berühmt ist, zieht es neben den Surfern auch massenhaft Schaulustige an – verständlich, denn dieses Spektakel möchte sich niemand entgehen lassen. Die beste Reisezeit ist nicht etwa im Hochsommer, sondern im Winter zwischen Oktober und März, wenn es auf offener See am stärksten stürmt. Wer in diesem Zeitraum vor Ort ist, hat durchaus die Chance, Zeuge der nächsten Rekordwelle zu werden.