Nationalparkzentrum Ruhestein: Innovativer Holzneubau im Schwarzwald
Es fügt sich mühelos in seine Umgebung ein, besteht fast vollständig aus Holz und bietet seinen Besuchern zahlreiche Panoramablicke auf die ungezähmte Natur des Schwarzwalds – das Nationalparkzentrum Ruhestein ist ein Juwel nachhaltiger und moderner Baukunst.
Vor zehn Jahren wurde der erste und einzige Nationalpark Baden-Württembergs eröffnet. Der weitläufige, über 10.000 Hektar umfassende Nationalpark Schwarzwald ist ein Paradies wilder und ungezähmter Natur. Hier tummeln sich Eichhörnchen flink im Geäst, der markante Balzgesang des Auerhahns hallt aus der Ferne, und majestätische Hirsche durchstreifen stolz die Felder. Seit drei Jahren beherbergt der Park neben Flora und Fauna auch ein außergewöhnliches neues Bauwerk: das Nationalparkzentrum Ruhestein.
Gewinner-Entwurf wurde vom heimischen Urwald inspiriert
Nach der Eröffnung im Jahr 2014 stand fest, dass der Nationalpark ein Zentrum benötigt, das den Besuchern die faszinierenden Hintergründe und Anliegen des Parks näherbringt und gleichzeitig Raum für die Verwaltung schafft. Die denkmalgeschützte Villa Klumpp sollte dafür um zwei Gebäude ergänzt und somit zum neuen Nationalparkzentrum Ruhestein werden. An das Zentrum gab es allerdings nicht nur inhaltliche, sondern auch architektonische Anforderungen. Denn es sollte die Idee des Nationalparks, sowie dessen Motto „Eine Spur wilder“ widerspiegeln. Wie sieht ein solches Gebäude aus?
Das Architekturbüro Sturm & Wartzeck konnte den vom Nationalpark gestarteten Architekturwettbewerb für sich entscheiden. Als Inspiration für seinen Entwurf diente das expressive Bild eines naturbelassenen Waldbodens. Darauf zu sehen waren geknickte Baumstämme, die (scheinbar) willkürlich übereinandergestapelt liegen. Die Idee des heimischen Urwalds, der sich vor allem durch Totholz auszeichnet, wurde umgewandelt in gestapelte Gebäuderiegel mit einer Holzschindelfassade aus Schwarzwald-Fichte, die die übereinanderliegenden Baumstämme imitieren.
Herausforderungen für das Architekten-Team
Die Nachahmung der Optik von Holzstämmen verleiht den neuen Gebäuden einen organischen Look, der den Gesamteindruck des Nationalparkzentrums entscheidend prägt. Dadurch fügt es sich harmonisch in die waldreiche Umgebung ein und wird eins mit der Natur. Die Eingriffe in die umliegende Natur zu minimieren, war eine Herausforderung, die das Architekturbüro angenommen und gemeistert hat. Entscheidend dafür war vor allem die Verwendung heimischer Hölzer, die nahezu überall in den Gebäuden verbaut wurden.
Eine weitere Herausforderung bestand darin, das Gebäude vor den Witterungen abzusichern, die in Ruhestein herrschen. Die Passhöhe befindet sich nämlich 912 Meter über dem Meeresspiegel, was zur Folge hat, dass dort im Winter viel Schnee liegt und es zu Stürmen und umfallenden Bäumen kommen kann. Zudem ist die Luftfeuchtigkeit in der Höhe oft besonders hoch – doch der innovative Holzbau wurde statisch abgesichert und perfekt an seine Umgebung und das Klima angepasst.
Nationalparkzentrum Ruhestein: Konsequent nachhaltig
Während der Gebäudekomplex von außen noch eher nüchtern und modern wirkt, sorgen die zahlreichen Holzelemente aus heimischer Weißtanne im Inneren für Gemütlichkeit und Wärme. Die organische Gebäudestruktur wird hier stringent fortgeführt und auch von den länglichen in die Decken integrierten Lampen aufgegriffen.
Das Nationalparkzentrum setzt aber nicht nur optisch auf Natürlichkeit. Im Winter wird das Gebäude beispielsweise emissionsarm mit Holzpellets beheizt und im Sommer wird es mit Kühlwasser aus den Löschwasserzisternen und Erdkollektorfeldern gekühlt. Die zahlreichen Maßnahmen, die die Architekten und Gebäudetechniker ergriffen haben, um das Nationalparkzentrum umweltfreundlich zu machen, zahlen sich aus. Das Gebäude wurde nach dem Bewertungssystem Nachhaltiges Bauen (BNB) zertifiziert und mit einem Zertifikat in Silber ausgezeichnet.
Nationalparkzentrum schlägt "Brücke zur Wildnis"
Begegnungsstätte und Informationszentrum – das soll der Gebäudekomplex in Ruhestein sein. Eine umfassende Ausstellung über den Nationalpark lädt die Besucher ein, tief in die wilde und einzigartige Landschaft einzutauchen. Doch nicht nur im übertragenen Sinne wird hier eine Brücke zur Natur geschlagen – das Zentrum bietet mit seiner „Brücke zur Wildnis“ eine direkte Verbindung nach draußen.
Während der größere Teil des Gebäudes auf einem Bestandplateau platziert wurde, ragen nämlich Teile des Ausstellungsbereiches sowie der 65 Meter lange Skywalk frei in den Wald hinein. Das Nationalparkzentrum ist auf diese Weise mit dem 34 Meter hohen Aussichtsturm verbunden. Hier, in luftiger Höhe zwischen den Baumwipfeln, genießen die Besucher einen atemberaubenden Blick auf das darunter liegende Tal und die scheinbar unendlichen Weiten des Nationalparks.