Ein wahrer Baumeister: Abschied von Gottfried Böhm
Er war ein Meister der Moderne mit starken Wurzeln in der Vergangenheit und einem unbedingten Willen zur Freiheit: Der Architekt Gottfried Böhm hat weltweit erstaunliche Gebäude geschaffen. Nun ist er im Alter von 101 Jahren gestorben.
Mehr als 150 Gebäude hat Gottfried Böhm in seiner langen Schaffenszeit entworfen und gebaut, darunter allein 70 Kirchen. Der 1920 in Offenbach geborene Böhm studierte in München Architektur und Bildhauerei. Nach Stationen in Köln, Dettingen und den USA trat er in den 1950er Jahren in Köln in die Fußstapfen seines Vaters, des Kirchenbaumeisters Dominikus Böhm.
Skulpturale Bauten aus Beton
Im Rheinland schuf er einige der wichtigsten Werke. Vor allem seine skulpturalen Bauten aus Beton, Stahl und Glas beeindrucken noch heute. Einige gelten als „Architektur-Ikonen des 20. Jahrhunderts“. Sein wohl bedeutendstes Werk ist der Mariendom in Neviges. Das Gebäude haben wir kürzlich an dieser Stelle anlässlich einer Ausstellung im Deutschen Architekturmuseum ausführlich vorgestellt. 2001 übernahm sein Sohn Paul das Büro Böhm Architektur, das weiterhin tätig ist.
Böhm hatte die Kraft und den Mut, bewegte und bewegende Bauwerke in die starre deutsche Gesellschaft der 60er-Jahre zu setzen, wie es im Nachruf des Bundes Deutscher Architekten heißt. 1986 wurde er als erster deutscher Architekt mit dem angesehenen Pritzker-Preis ausgezeichnet. „Sein hochbewegendes Werk kombiniert vieles von dem, was wir ererbt haben mit dem was wir erworben haben – eine unheimliche und berauschende Verbindung, der der Pritzker Architekturpreis mit Freude die Ehre erweist“, hielt die Jury fest.
Eine Frage der Würde
„Ein Gebäude ist für den Menschen Raum und Rahmen seiner Würde und dessen Äußeres sollte seinen Inhalt und seine Funktion reflektieren“, erklärte Gottfried Böhm in seiner Pritzker-Preis-Rede. Sein letztes Interview gab er im Alter von 100 Jahren der Süddeutschen Zeitung. Es ist immer noch wunderbar und lesenswert.