Natürlich inspiriert: 3 Beispiele für bionische Architektur
Die noch junge Wissenschaft Bionik kombiniert Biologie und Technik. Doch kann auch die Architektur davon profitieren? Wir erklären, was es mit bionischer Architektur auf sich hat und stellen richtungsweisende Bauwerke vor.
Bionik: Wenn zwei Bereiche verschmelzen
Bionik ist ein interdisziplinäres Forschungsfeld, das Biologie und Technik miteinander verschmelzen lässt – wortwörtlich! Man spricht immer dann von Bionik, wenn eine technische Errungenschaft durch die Natur inspiriert ist. Ein berühmtes Beispiel für Bionik im Alltag ist der Klettverschluss. Dieser hat, wie der Name schon erahnen lässt, natürlich vorkommende Kletten als Vorbild. Wer nach einem eigentlich gemütlichen Waldspaziergang schon mal die eigene Kleidung von den lästigen Früchten befreien musste, weiß, wie gut deren Widerhaken funktionieren. So erging es des Öfteren auch Georges de Mestral – oder besser gesagt seinem Hund. Inspiriert vom starken Halt der Kletten im Fell seines treuen Begleiters erfand der Schweizer Ingenieur Mitte des 20. Jahrhunderts den Klettverschluss.
Kann Bionik Architektur nachhaltiger machen?
Die Verschmelzung von Biologie und Technik hat noch viele weitere Erfolgsgeschichten geschrieben. Dazu gehören die Lupe, die einem einfachen Wassertropfen nachempfunden ist oder handelsübliche Saugnäpfe, die mithilfe von Unterdruck ebenso gut an verschiedenen Oberflächen haften wie die Tentakeln von Tintenfischen. Dass man sich auch im Bereich der Architektur ein Beispiel an der Natur nimmt, ist also nur logisch. Schließlich hat sie sich als ausgesprochen fähiger Ingenieur bewiesen. Zukünftig soll bionische Architektur insbesondere für mehr Nachhaltigkeit beim Bau und der Nutzung von Gebäuden sorgen. Der Gebäudesektor ist immerhin für etwa 40 Prozent der globalen CO₂-Emissionen verantwortlich. Durch die Inspiration aus der Natur erhofft man sich, unter anderem energieeffizienter, langlebiger und ressourcenschonender zu bauen.
Beispiele für bionische Architektur
Besonders für materialsparende Konstruktionen sind natürliche Strukturen meist der beste Ideengeber. Deshalb ist es vor allem die Leichtbauweise, die sich immer wieder etwas von der Natur abguckt. Was nicht gebraucht wird, hat dort schließlich auch nicht lange Bestand. Doch auch in anderen Bereichen kann bionische Architektur helfen nachhaltiger zu bauen, wie einige international bewunderte Bauwerke beweisen.
1. Eiffelturm in Paris
Der Eiffelturm in Paris ist das bekannteste Beispiel für einen gelungenen Leichtbau mit natürlichem Vorbild: Das Wahrzeichen der französischen Hauptstadt ist einem menschlichen Oberschenkelknochen nachempfunden. Dieser hält durch die Anordnung der Knochenbälkchen und der zugehörigen Hohlräume besonders hohen Belastungen stand. Ähnlich standhaft ist der Eiffelturm – trotz minimalem Materialeinsatz. Bei einer Höhe von 324 Metern wiegt er insgesamt 10.100 Tonnen, seine Stahlkonstruktion sogar nur 7.300 Tonnen. Zum Vergleich: Der lediglich durch seine Antenne etwas höhere Fernsehturm in Berlin (369 Meter) bringt mit 26.000 Tonnen wesentlich mehr auf die Waage.
2. Eastgate Center in Simbabwe
Ein weiteres beliebtes Beispiel für bionische Architektur ist das Eastgate Center in Simbabwe. Das Belüftungssystem des in der Hauptstadt Harare gelegenen Bürokomplexes samt Einkaufszentrum ist einem Termitenbau nachempfunden – und sorgt dafür, dass sich das Gebäude selbst kühlt. Dabei wird die kalte Nachtluft genutzt: Ventilatoren blasen diese durch unzählige Kanäle, wie sie auch in Termitenbauten vorkommen. Die Kanäle führen direkt am Beton vorbei. Dieser speichert die Kälte und hilft dann tagsüber das Gebäude zu kühlen, indem er die Hitze aufnimmt. Im Vergleich zu anderen Gebäuden in der Umgebung spart das Eastgate Center so teilweise mehr als die Hälfte an Stromkosten ein.
3. Olympiadach in München
Hierzulande ist vor allem das Olympiadach in München für seine Bionik-Architektur bekannt. Die Seilnetzkonstruktion überspannt Teile des Olympiastadions sowie die Mehrzweckhalle und die Schwimmhalle im Olympiapark. Seine Ähnlichkeit mit einem Spinnennetz ist kaum zu übersehen. Unter anderem daran orientierten sich die Architekten auch bei ihrem Entwurf. Auf knapp 75.000 Quadratmetern verfügt das Dach heute über 137.000 Knotenpunkte, mithilfe derer Acrylplatten getragen werden, die die überdachten Flächen trockenhalten – eine besonders leichte Konstruktion, die trotzdem widerstandsfähig und materialsparend ist. Der beeindruckende Bau steht nicht umsonst mittlerweile unter Denkmalschutz.
Bionik in der Architektur richtig nutzen
Doch nicht immer erfüllt Bionik in der Architektur auch einen Zweck. Bestes Beispiel hierfür ist das Olympiastation in Peking, dessen Spitzname „Vogelnest“ nicht von ungefähr kommt. Mehr als die Optik haben sich die Architekten des Bauwerks allerdings nicht beim Vogelzuhause abgeschaut. Eine vertane Chance: Schließlich sind Vogelnester sehr leicht und aus nachwachsenden Rohstoffen gebaut, während es sich beim Pekinger Olympiastadion um eine schwere Stahlkonstruktion handelt. Wenn sich Architekten nicht nur optisch, sondern auch funktionell von der Natur inspirieren lassen, könnte die noch recht junge Wissenschaft Bionik die Architektur zukünftig stark bereichern. Dafür müsste sie aber auch öfter als nur bei Prestigebauten zum Einsatz zu kommen.