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Der Nebelfänger Warka Water steht in Äthiopien. Er zapft bis zu 100 Liter Wasser pro Tag aus der Luft und ist auch architektonisch ein Hingucker. Foto: Warka Water
Der Nebelfänger Warka Water steht in Äthiopien. Er zapft bis zu 100 Liter Wasser pro Tag aus der Luft und ist auch architektonisch ein Hingucker. Foto: Warka Water

Nebelfänger: Trinkwasser aus der Luft

Kann man Nebel melken, Trinkwasser aus der Luft zapfen? Was sich nach Science-Fiction anhört, funktioniert tatsächlich. Das Verfahren hilft Bäumen beim Wachsen und Menschen beim Überleben. Können Nebelfänger die Wasserprobleme der Menschheit lösen?

Wasser ist Leben. Doch der Zugang zu sicherem Trinkwasser ist nicht für alle selbstverständlich. Wasserknappheit und Armut sind eng miteinander verbunden: Wo nichts wächst, wo der Regen ausbleibt, bricht die Existenzgrundlage weg. Laut UNICEF leben heute 1,42 Milliarden Menschen in Gebieten mit hoher oder extrem hoher Wasserunsicherheit. Der Klimawandel verstärkt die Probleme, Hitzeperioden und Dürren werden häufiger. Bis 2040 wird nach UN-Schätzungen jedes vierte Kind in einer Region mit Wassermangel aufwachsen. Wasser aus der Luft zu zapfen, einer Quelle, die nie versiegt, klingt angesichts dessen wie ein Traum. Wird er mithilfe von Nebelfängern Realität?

Ein Kind in Afrika zapft Wasser, das ein Nebelfänger aufgefangen hat. Selbst wenige Liter sorgen in dürrebetroffenen Regionen für nachhaltige Veränderungen. Foto: Warka Water____
Ein Kind in Afrika zapft Wasser, das ein Nebelfänger aufgefangen hat. Selbst wenige Liter sorgen in dürrebetroffenen Regionen für nachhaltige Veränderungen. Foto: Warka Water

Wie funktionieren Nebelfänger?

Im Gegensatz zu teuren und aufwendigen Meerwasserentsalzungsanlagen ist die zugrundeliegende Technik von Nebelfängern erstaunlich simpel, preiswert und umweltfreundlich. Genutzt wird das natürliche Prinzip der Kondensation, wie es auch an schlecht isolierten Fenstern im Winter zu sehen ist: Wenn warme Luft auf eine kalte Oberfläche trifft, kondensiert der Wasserdampf in seinen flüssigen Aggregatzustand. Statt Glas kommen bei Nebelfängern spezielle Netze oder Kollektoren zum Einsatz, an denen die Wassertropfen hängenbleiben, sich in einer Rinne sammeln und anschließend in Tanks fließen. Ein Netz von etwa 40 Quadratmetern fängt bis zu 1.000 Liter Wasser pro Tag. Voraussetzung für eine gute Ausbeute ist feuchtigkeitsreiche Luft, wie sie in Meeresnähe oder an Berghängen entsteht.

Wassertropfen bleiben an Nebelnetzen hängen und werden anschließend gesammelt. Die Netze müssen reißfest und witterungsbeständig sein. Foto: Warka Water____
Wassertropfen bleiben an Nebelnetzen hängen und werden anschließend gesammelt. Die Netze müssen reißfest und witterungsbeständig sein. Foto: Warka Water

Kondensatoren: Wassergewinnung selbst in der Wüste

Ein anderes Verfahren ist sogar in der Lage, trockene Wüstenluft in Wasser zu verwandeln. Als Grundlage dienen hochabsorbierende Materialien, die durch unzählige Mikroporen eine große Oberfläche aufweisen. Nachts werden die Feuchtigkeitsmoleküle eingefangen und in einen Behälter geleitet. Allerdings kommen so nur wenige Liter zusammen. In den Einsatzgebieten, etwa Schulen in Tansania, werden sie dringend gebraucht. Leistungsfähigere Systeme, um in trockenem Wüstenklima Wasser durch Kondensation zu gewinnen, brauchen derzeit noch viel Energie. Die Kondensationsflächen müssen künstlich gekühlt werden, damit sich mehr Wasser an ihnen bildet. Integrierte Solarmodule, neue Materialien und Oberflächenbeschichtungen könnten die Lösung sein.

Wo sind Nebelfänger im Einsatz?

Nebelfänger sind weltweit in von Trockenheit und Dürre betroffenen Gebieten im Einsatz, etwa in Eritrea oder Chile. Eine der größten Nebelnetz-Anlagen steht seit 2018 im Antiatlas-Gebirge in Marokko. 31 Nebelnetze (1.686 Quadratmeter Netzfläche) liefern dort durchschnittlich 37.092 Liter Wasser pro Nebeltag. Es versorgt 16 Dörfer mit etwa 1.300 Bewohnern mit Trink- und Brauchwasser. In anderen Gebieten geht es vorrangig darum, die Wüstenbildung aufzuhalten und Bodenerosion zu verhindern. Wiederaufforstung braucht Bewässerung, bevor die Ökosysteme sich selbst tragen. Auf den Kanaren, in Portugal oder in Katalonien stammt es aus Nebelkollektoren. Gran Canarias ursprünglicher Bergregenwald, der durch Trockenheit und Brände in schlechtem Zustand ist, soll so wiederbelebt werden. Nebelfänger sichern hier gute Startbedingungen für rund 3.000 kleine Bäume.

Warka Water: Ein Bambusturm als Nebelfänger

Dass Nebelfänger keineswegs immer gleich aussehen müssen, zeigt ein Projekt in Äthiopien. Der italienische Architekt und Künstler Arturo Vittori hat im dortigen Hochland einen Nebelfänger-Turm umgesetzt, der den oft stundenlangen Weg zur Wasserquelle überflüssig macht. Er ist 9,50 Meter hoch, wiegt gerade einmal 80 Kilo und besteht aus Bambus. Bis zu 100 Liter Wasser holt die filigrane Konstruktion aus der Luft. Das Netz, in dem sich Tau und Tropfen fangen, befindet sich im Inneren des Turms. Mit dem umlaufenden Baldachin wurde gleichzeitig ein schattiger Gemeinschaftsplatz für die Dorfbewohner geschaffen.

Schön und funktional: der Nebelfänger-Turm Warka Water des italienischen Architekten und Künstlers Arturo Vittori. Foto: Warka Water____
Schön und funktional: der Nebelfänger-Turm Warka Water des italienischen Architekten und Künstlers Arturo Vittori. Foto: Warka Water

Können Nebelfänger weltweit Wasserprobleme lösen?

Experten sind sich einig, dass in der Technik noch viel Potential steckt. Grundsätzlich ist Wasser aus der Luft eine unendliche und sich selbst regenerierende Quelle, die noch lange nicht ausgeschöpft ist. Neue Materialien, Formen und Energielösungen werden weltweit entwickelt und getestet. Sie versprechen einen höheren Ertrag, sind weniger anfällig und wartungsintensiv. Ob Nebelfänger eines Tages massenhaft zum Einsatz kommen, ist trotzdem fraglich. Die Wassergewinnung aus Nebel braucht bestimmte Standort-Voraussetzungen, bei trockener Luft stehen Aufwand und Ertrag bisher in keinem günstigen Verhältnis. Ein verantwortungsvoller Umgang mit unserer wichtigsten Ressource Wasser, so scheint es, ist auch in Zeiten von Nebelfängern oberstes Gebot.

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