Forest City Malaysia – die grüne Geisterstadt
Grüne Städte boomen. Weltweit wächst es von Dächern, Fassaden und Hauswänden. Mit Forest City in Malaysia erstand ab 2015 eine Stadt, die zugleich Wald ist. Doch weniger als 10 Jahre nach Baubeginn gleicht Forest City einer Geisterstadt.
Die Zukunft ist grün. Zumindest, wenn wir unseren Planeten noch eine Weile bewohnen möchten. Bäume und Wälder kehren zurück in die Städte, und das seit dem Pionierprojekt Bosco Verticale längst nicht mehr nur am Boden. Während bewachsene Einzelgebäude wenig ausrichten können, haben grüne Städte großes Potential. Forest City in Malaysia ist gleichzeitig Stadt und Wald. Das Projekt soll zeigen, wie wir in Zukunft wohnen könnten – im harmonischen Miteinander aus Technologie und Natur. So zumindest die Idee. Die Realität nach 8 Jahren Bauphase sieht anders aus: Forest City ist eine grüne Geisterstadt.
Die Stadt der Zukunft ist grün: Forest City Malaysia
Das Bauprojekt Forest City startete 2015 nahe der Millionenstadt Singapur. Finanziert wird es von einem Joint Venture, an dem der chinesische Immobiliengigant Country Garden die Mehrheit hält. Investitionen von rund 100 Milliarden Dollar sollen bis 2035 in das Projekt fließen. Die Stadt schafft Wohn- und Arbeitsraum für 700.000 Menschen, die auf vier aufgeschütteten Inseln und 30 Quadratkilometern Land leben sollen. Bepflanzte Hochhäuser, ein künstlicher Traumstrand, internationale Schulen und Malls sorgen für die nötige Infrastruktur, während das kommerzielle Zentrum Singapur nur einen Steinwurf entfernt ist. Forest City wird zum futuristischen Tropenparadies.
Wie Menschen zukünftig im Einklang mit der Natur leben können – das ist eine der zentralen Fragen der Stadtplanung. Eine mögliche Antwort darauf ist die bewaldete Stadt, oder auch Forest City. Denn Bäume und Grünanlagen sind besonders in dicht besiedelten Räumen echte Wunderwaffen. Sie kühlen die Luft, schützen durch die Aufnahme und Verdunstung von Regenwasser vor Überschwemmungen und absorbieren CO₂ und Feinstaub. Auch gesteigerte Artenvielfalt, Lärmschutz und positive Effekte auf die psychische Gesundheit zählen zu den Potentialen von Stadtgrün. Kurzum: Die urbane Stadtforschung ist sich einig, dass die Stadt von morgen grün sein muss.
Forest City Malaysia: ein missglücktes Bauprojekt?
Der Name Forest City verspricht zunächst viel. Doch das milliardenschwere Projekt stand von Anfang an im Kreuzfeuer der internationalen Presse. Kritik hagelt es von allen Seiten. „Greenwashing“, „Geisterstadt“ oder Ausdruck „chinesischer Kolonialpolitik“ lauten die Vorwürfe. Eine Bestandsaufnahme im Jahr 2023 zeigt, woher der Unmut kommt: Nur 15 Prozent des Areals und eine der vier Inseln wurden bisher erbaut. Knapp 9.000 Bewohner sollen in der Waldstadt derzeit leben – das sind weniger als 1 Prozent der anvisierten Zahl. Und auch optisch gibt die Stadt ein fast schon dystopisches Bild ab. Der Carnelian Tower im Zentrum ragt verloren aus dem Nichts empor, links und rechts nur Leerstand. Ein Schild am Strand warnt vor Krokodilen im Wasser, doch Badegäste sind so oder so weit und breit nicht in Sicht. Die Erholungsoase vor den Toren Singapurs gleicht einer Bauruine.
Erklärungen für den Verfall von Forest City gibt es zu Genüge. Verschuldung, Überbauung sowie eine Portion Pech sollen dem ambitionierten Bauvorhaben zum Verhängnis geworden sein. Von Anfang an wurde kritisiert, dass die hohen Apartmentpreise für die malaysische Bevölkerung zu teuer seien. Die eigentliche Zielgruppe seien chinesische Käufer. Finanzpolitische Regulierungen und die Corona-Pandemie machten es der chinesischen Käuferschaft aber zunehmend schwer, Investitionen in Forest City zu tätigen. Hinzu kommt die hohe Verschuldung, die dem Immobilienkonzern Country Garden zuletzt nachgesagt wurde. Die Folgen zeigen sich in der malaysischen Forest City mehr als deutlich: Leerstand und Verwaisung, noch dazu Unmengen schlechter Presse. Von der grünen Zukunftsvision der Planstadt ist nach 8 Baujahren kaum noch eine Spur.
Forest Cities weltweit: Hoffnung kommt aus italienischer Architektenhand
Die Zukunft der malaysischen Waldstadt ist ungewiss. Sicher ist, dass Forest City den Ansprüchen einer grünen Stadt nicht gerecht wird. Die sollte die Gesundheit und das Wohlbefinden ihrer Bewohner priorisieren, während die natürlichen Ressourcen der Stadt erhalten bleiben. Die malaysische Planstadt, die in finanzielle und politische Zwänge geraten ist, kann das nicht leisten. Doch Hoffnung für die Waldstadt der Zukunft kommt von andernorts: Im mexikanischen Cancún arbeitet der italienische Star-Architekt Stefano Boeri derzeit an einer Smart Forest City, welche die „grünste Stadt der Welt“ werden soll. Und auch im chinesischen Liuzhou hat Boeri seine Finger im Spiel: Hier entsteht derzeit eine Waldstadt, die ganz ohne CO₂-Emissionen auskommen soll – große Pläne. Inwieweit sie wegweisend für ein zukünftiges Miteinander von Mensch und Natur sein können, wird sich in den nächsten Jahren zeigen.