Plastik-Wohnträume – 5 ikonische Kunststoffhäuser
Heute kaum vorstellbar, aber in den 1960er-Jahren der letzte Schrei: Architekten und Wohnraumdesigner träumten von Kunststoffen als Baumaterialien der Zukunft.
In Zeiten, in denen ökologisch nachhaltiges Bauen kaum ein Thema war, setzten einige Visionäre beim Hausbau auf moderne glasfaserverstärkte Kunststoffe.
Technologische Innovationen bei der Herstellung von Kunstharzen und unbändiger Fortschrittswillen griffen ineinander bei den Überlegungen, wie die Menschen wohl im Jahr 2000 leben würden. In ihren Vorstellungen skizzierten Architekten eine Zukunft, die vom Wohlstand für die Massen geprägt war.
Keine Zukunft ohne Kunststoffhäuser – so war die Erwartung
Im kommenden Jahrtausend, so die Überlegungen, würden sich Familien mobile Häuser wünschen – modulare Leichtbauten aus Kunststoff, die schnell und unkompliziert abgebaut, transportiert und wieder aufgebauten werden könnten.
In dieser idealisierten Welt der Zukunft wäre es dann auch an der Tagesordnung gewesen, dass sich jeder ohne Weiteres hätte leisten können, sein Ferienhaus per Hubschrauber zum Urlaubsziel und zurück fliegen zu lassen.
Aber nicht nur für Feriendomizile, sondern ebenso für Wohnhäuser und Büroeinheiten liebäugelten Architekten und Designer mit Fertigbauteilen aus Kunststoffen beim Bau.
Die Erdölkrise von 1973 ließ die seriell produzierbaren Wohnträume zwar platzen. Aber der Nachwelt hinterließ der kurzzeitige Architektur-Trend dennoch zeitlose Design-Klassiker. Diese 5 ikonischen Kunststoffhäuser sollte man kennen.
Das erste seriell produzierte Kunststoffhaus: Futuro (1968)
Bereits im Jahr 1967 hatte der finnische Architekt Matti Suuronen auf Anregen seines Freundes Dr. Kaakko Hiidenkari damit begonnen, eine mobile Ski-Hütte am Reißbrett zu entwickeln. Im Laufe der Arbeiten an dem Projekt, entwickelte sich „Futuro“ zum multifunktionalen Freizeithaus.
Der Clou: Das rund 36 Quadratmeter große Rundhaus setzt sich aus 16 einzeln zerlegbaren Halbschalenteile aus glasfaserverstärktem Polyester mit Polyurethan-Isolation zusammen.
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Es misst im aufgebauten Zustand 8 Meter im Durchmesser, ist 4 Meter hoch und wiegt rund 4 Tonnen. „Futuro“ wurde zum ersten seriell produzierten Kunststoffhaus, schon 1968 stellte die finnischen Manufaktur Polykem erste Modelle her und verkaufte die Lizenz international.
Angepriesen als Freizeithaus für die Masse, widersprach der hohe Endkundenpreis von rund 12 000 US-Dollar pro Stück der Vermarktbarkeit jedoch.
Matti Suuronens zweiter Design-Klassiker: Venturo (1971)
Beflügelt von der weltweiten Aufmerksamkeit, die dem „Futuro“ zuteilwurde, begann Matti Suuronen alsbald damit, eine ganze Serie verschiedener Kunststoffbauten zu entwerfen.
Die „Casa Finlandia“-Serie umfasste neben Suuronens Erstling (CF-Futuro) eine Tankstellen-/Raststätten-Konstruktion (CF-100/200), zwei Bauten für Kioske und Schnellimbisse (CF-10, CF-16), Tunnelelemente für Autowaschstraßen (CF-12) und schließlich das „Venturo“-Ferienhaus (CF-45). Venturo ist ein transportables Gebäudesystem, dessen einzelne Elemente als serientauglicher Bausatz aus vorgefertigten Teilen konzipiert wurden.
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Die Wände und die Oberseite bestehen aus zweilagigem Fiberglas mit Polyurethanschaum, der Boden aus Sperrholz. Die Grundfläche beträgt 45 m² und das Haus wiegt vier Tonnen. Bis zur Erdölkrise fertigte Polykem 19 Venturos, allerdings wurde die Lizenz international an 23 weitere Firmen vergeben, die in den Folgejahren weitere Häuser produzierten.
Prototyp im Ufo-Look: Rondo (1968)
Inspiriert von Suuronens „Futuro“ entwarfen die Basler Architekten Angelo und Dante Casoni mit „Rondo“ ein weiteres Kunststoff-Freizeithaus, dessen Optik an eine fliegende Untertasse angelehnt war. Das Haus besteht aus faserverstärktem Kunstharz, wiegt 4,5 Tonnen und hat einen Durchmesser von 7,80 Metern bei einer Höhe von 3,80 Metern.
Ein Prototyp, der bis 1973 auf verschiedenen internationalen Ausstellungen und Messen präsentiert wurde, war von der Horlacher AG im Spritzgussverfahren hergestellt worden. Eine Serienreife war dem Projekt aber nicht beschieden.
Im Anschluss an eine Präsentation auf der „Internationalen Kunststoffhaus-Ausstellung der Welt“ (IKA) im westfälischen Lüdenscheid wurde der Prototyp eingelagert und 1976 an den Freiburger Unternehmer Hans Johann Gockl verkauft, der das Haus in den Bau seines Firmensitzes integrierte.
Modulares Bausystem für Bungalows – fg 2000 (1968)
Der gelernte Bauschreiner und Unternehmer Wolfgang Feierbach widmete sich seit den frühen 1960er-Jahren ganz und gar der Arbeit mit glasfaserverstärktem Kunststoff, schuf unzählige ikonische Möbel und Inneneinrichtungselemente aus Plastik.
Feierbachs Meisterwerk allerdings war die Erfindung des Bungalow-Modulsystems „fg 2000“, das aus seriell produzierbaren Hartplastikelementen besteht, die theoretisch unendlich erweiterbar sind.
Den Prototypen, bestehend aus 39 Elementen, installierte der Erfinder kurzum – und ohne Baugenehmigung – als zusätzliche Etage auf seinem Wohn- und Firmensitz im südhessischen Altenstadt. Auch wenn es einzelne Abnehmer für das System gab, so blieb der große kommerzielle Durchbruch des „fg 2000“ letztlich aus.
Der Top-Seller aus Frankreich – La Bulle Six Coques (1963)
Der französische Architekt und Stadtplaner Jean-Benjamin Maneval (1923-1986) war einer der ersten, der die Möglichkeiten von Kunststoff in der Architektur nutzte. Im Jahr 1963 fertigte er die ersten Skizzen eines sechsschaligen Blasenhauses (La Bulle Six Coques / auch später als „Orion“ vermarktet) an.
In Zusammenarbeit mit Marcel Dupleaux , einem Ingenieur des französischen Chemieunternehmens „Pétroles d’Aquitaine“, begann im Jahre 1968 die serielle Produktion und Vermarktung des Hauses – bis 1970 wurden 300 Exemplare produziert.
Das Haus besteht aus sechs unabhängigen Polyesterschalen (je ca. 200 Kilo schwer) auf einem Betonsockel und Fenstern aus Methacrylat. Aufgebaut bietet es 36 Quadratmeter Innenfläche.
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